Weihnachten wurde in der NS-Zeit ideologisch umgedeutet, alte Weihnachtslieder bekamen andere Texte und Hitler sollte als Weltenerlöser vergöttlicht werden

Das Hakenkreuz am Weihnachtsbaum

Von Wolf Stegemann

„Wir müssen dafür sorgen, dass Weihnachten nicht die Nacht der Christkind-Weihe ist, sondern die nationalistische Weihe der Winterwende, wie es unsere germanischen Vorfahren kannten, ein echtes nationalsozialistisches Weihnachten, die Deutsche Weihnacht! Heil Hitler!“

Dorstens NSDAP-Ortgruppenleiter Ernst Heine

Mit diesem unsinnigen Geplapper wurde im Dezember 1939 Dorstens NSDAP-Ortsgruppenleiter Ernst Heine im „Völkischen Beobachter“ zitiert, als er im Militär-Lager an der Schleuse vor Soldaten der Wehrmacht sprach und Weihnachtsgeschenke verteilte: Zigaretten, Süßigkeiten und von NS-Frauenschaftlerinnen selbst gestrickte Socken. Zu diesem Zeitpunkt war Heine bereits aus der evangelischen Kirche ausgetreten, ohne dass es seine Familie wusste. Gefeiert hatte Heine in diesem Jahr, wie in alle den vorangegangenen, das Weihnachtsfest im Kreise seiner Familie in der Wohnung an der Marler Straße wie eh und je: Mit geschmücktem Christbaum, der Weihnachtskrippe, mit gemeinsam gesungenen Weihnachtsliedern, mit Kartoffelsalat und Würstchen. Nur am Weihnachtsgottesdienst in der evangelischen Johanneskirche, den seine Frau und Tochter besuchten, beteiligte er sich nicht. Seine Tochter erzählte noch, dass ihr Vater Weihnachten immer ein richtiger Familienmensch war, welcher der NSDAP-Ortsgruppenleiter sonst nicht war. Als eine NSDAP-Mitarbeiterin von ihm ein Kind bekam, wurde er an die Ostfront versetzt, überlebte und verschwand nach dem Krieg als „ehemaliger Soldat“ in seinen Heimatort Bad Wildungen. Stieg dort wieder in die Kommunal- und Kreispolitik ein – dieses Mal in der CDU, der er seine NSDAP-Vergangenheit erfolgreich verschweigen konnte und verschwiegen hatte. Weiterlesen

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Wintersonnwende, der dunkelste Tag: Am 21. Dezember ist es nur acht Stunden hell – es folgen die zwölf Rauhnächte mit der Wilden Jagd, Odin und Frau Holle

Feier der Wintersonnwende heute - meist von der Polizei überwacht oder aufgelöst

Von Wolf Stegemann

16. Dezember 2016. – Es gibt viele Menschen, denen die winterliche Dunkelheit, die in den Monaten November und Dezember die Tage immer kürzer werden lassen, depressive Belastungen bringt. Vor allem in den von der Dunkelheit stärker heimgesuchten skandinavischen Ländern haben viele depressiv veranlagte Menschen in ihren Wohnungen so genannte Tageslichtlampen, um sich seelische Entlastung zu verschaffen. Wer in unserer Zeitzone lebt und so veranlagt ist, kann aufatmen, ab kommenden Mittwoch (21. Dezember) werden die Tage wieder länger. Denn der Mittwoch ist auf der nördlichen Halbkugel der Tag der Winterwende, an dem die Sonne um 11:44 Uhr die geringste Mittagshöhe am Horizont erreicht. Nur etwas mehr als acht Stunden ist es hell. Am Nordpol lässt sich die Sonne überhaupt nicht sehen. Entsprechend heißt dieser Tag im Lateinischen „solstitium“ und im Griechischen „heliostásion“, was mit „Stillstand der Sonne“ zu übersetzen ist. Am 21. Juni 2017 ist aber wieder Schluss mit der Zunahme der Helligkeit. Dann ist Sommersonnwende: An diesem Tag werden ab 6:24 Uhr die Tage wieder kürzer. Ein immerwährender Kreislauf. Weiterlesen

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Bronzetafel am Marktbrunnen erinnert an Goethes Besuch in Dorsten im Dezember 1792 – aber auch an eine kulturpolitische Provinzposse aus dem Rathaus im Jahre 2000

Die Enthüllung der Tafel am Makt im Jahr 2000; v, l.: Grete Mai, Wolf Stegemann, Stadtrat Hans Löns, Stadträtin Petra Somberg, MdL Werner Kirstein, Bürgermeister Friedhelm Fragemann, Peter Mai; Foto: DZ

Von Wolf Stegemann

9. Dezember 2016. – Wenn auch Goethe als Person schon lange Geschichte ist, seine Werke wirken fort in allen Gegenwarten der bisherigen 200 Jahre und werden auch für die nächsten Generationen von Schülern präsent bleiben. In Dorsten gehört sein kurzer Aufenthalt in der Lippestadt Anfang Dezember 1792 zwar auch der Geschichte an, doch dieser Aufenthalt hatte in unserer Gegenwart ein possenhaften Nachspiel, als im Jahr 2000, genau 228 Jahre nach seinem Aufenthalt am Dorstener Marktplatz, Bürger am dortigen Brunnen eine Informationstafel anbrachten. Das gefiel etlichen Dorstener Lokalpolitikern überhaupt nicht. Sie plusterten sich unverständlicherweise auf und überschütteten die Dorstener Bürger-Initiative unverständlicherweise mit Spott und Hohn, wozu auch die damalige Lokalzeitung der WAZ ihren Teil beitrug. Dieser Schuss ging allerdings nach hinten los. Warum? Weiterlesen

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Postfaktisch – Was der Stadtkämmerer im Rat über das Haushaltsergebnis 2015 erzählt. Es sind sich widersprechende „Wahrheiten“. Doch welche stimmt?

Betrachtungen zum Wert eines Amtseids – von Helmut Frenzel

2. Dezember 2016. – Derzeit macht der Begriff postfaktisch Karriere. Populär wurde er im Zusammenhang mit dem Referendum in Großbritannien über den Brexit. Von post-truth politics war da die Rede und gemeint waren die Populisten, die ohne Rücksicht auf Fakten und Wahrheiten ihre politischen Ziele im Wahlkampf verfolgten. Aber es sind keineswegs nur die Populisten, die postfaktisch argumentieren. Dass den Bürgern Fakten und Wahrheiten bewusst verschwiegen werden gibt es auch im kommunalen Milieu. Ein Beispiel aus Dorsten. Weiterlesen

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Woher der Bereich „Maria Lindenhof“ seinen Namen hat! Die Krankenanstalten für Schwachsinnige wurden nach einem Sittlichkeitsprozess 1937 geschlossen

Die Krankenanstalten Maria LIndenhof mit Blick von der Dorstener Straße

Von Wolf Stegemann

25. November 2016. – Die nationalsozialistische Justiz, deren Richter und Staatsanwalte fast sämtlich in der nachfolgenden Justiz der Bundesrepublik unbehelligt weiter Anklagen formulieren und Urteile sprechen konnten, vernichteten in einem von den Nationalsozialisten gewollten zwölftägigen Propagandaprozess die damals zu Holsterhausen gehörenden und von den Barmherzogen Brüdern von Montabaur betriebenen Krankenanstalten Maria Lindenhof, die dem Bereich zwischen Lippe und Kanal bis heute den Namen gegeben haben. Der Prozess begann am 28. November 1935 und erregte reichsweites Aufsehen. Denn etlichen  Ordensleuten und Krankenpflegern wurde sexueller Missbrauch ihrer Schützlinge vorgeworfen. Mag sein, dass der eine oder andere Fall Missbrauchfall tatsächlich stattgefunden hat, doch die NS-Propaganda, der sich die Justiz willfährig als Erfüllungsgehilfen unterordnete, nutzte dies aus, um den Orden aus Holsterhausen an der Stadtgrenze zu Dorsten zu vertreiben. Die Folge war, dass die geistig behinderten Patienten 1937 in die Tötungsanstalt Hadamar überführt wurde, in den freigezogenen Gebäuden ein staatliches Heim für schwer erziehbare Jugendliche einrichtet wurde. Somit endete nach 62 Jahren eine in Dorsten geachtete und wohltätige Einrichtung. Grund, einmal Rückschau zu halten auf diese Jahre und den Prozess gegen die Barmherzigen Brüder vor dem Landgericht in Essen. Weiterlesen

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„Nur düstere Zukunftsvisionen“ – Philosophische Antworten im Gespräch mit dem Songpoeten Leonard Cohen vor 23 Jahren am Düsseldorfer Flughafen

Leonard Cohen etwa zur Zeit des Interviews

Vorbemerkung. Vor wenigen Tagen ist der weltbekannte Sänger Leonard Cohen 82-jährig in Kanada verstorben. Alle Nachrichtensender und die Zeitungsfeuilletons berichteten zum Teil seitenlang. Die „Süddeutsche Zeitung“ schrieb „Ein Licht erlischt“. Leonard Cohen, so die SZ, war in Kanada ein Großer, in den USA einer von vielen und in Europa ein Held. Und Dorsten? Leonard Cohen stellte sich 1993 auf dem Düsseldorfer Flughafen dem Dorstener Journalisten Wolf Stegemann für ein Exklusiv-Interview zur Verfügung. Aus dem gewöhnlich steifen Rede- und Antwortritual wurde ein fast freundschaftliches Gespräch, das länger dauerte, als vorgesehen. Leonard Cohen musste über Lautsprecher mehrmals zu seinem Flugzeug gerufen werden. Das Gespräch wurde in der Zeitschrift „Schalom“ des Jüdischen Museums Westfalen veröffentlicht. Obgleich Journalisten nicht alte Artikel neu veröffentlichen sollten, machen wir hier eine Ausnahme, weil Cohens Zukunftsvisionen, die er vor 23 Jahren machte, durch die aktuellen politischen Entwicklungen bestätigt wurden. Hier der Artikel vom März 1993: Weiterlesen

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Die überregionale Presse kritisierte die forsche Polemik des CDU-Spitzenpolitikers Erwin Marschewski. Seine Politkarriere begann im Dorstener Rathaus und endete im Bundestag

Erwin Marschewski, CDU-Vollblutpolitiker und vormaliger Rechtsamtsleiter in Dorsten

Von Wolf Stegemann

11. November 2016. – Er war Präsidiumsvorsitzender der Jungen Union, als Städtischer Oberrechtsrat Leiter des Rechtsamts Dorsten, saß im Recklinghäuser Stadtrat, im Kreistag und schließlich im Bundestag. Heute lebt der 1940 in Herten geborene Vollblutpolitiker, der seine Karriere im Dorstener Rathaus begann, in Recklinghausen. – Die Rede ist von Erwin Marschewski. Sechs Wahlperioden lang war der Jurist von 1983 bis 2005 Mitglied des Deutschen Bundestages (CDU). Dort fiel er des Öfteren durch polemische Attacken auf – beispielsweise zu den Themen Verbot von Waffenbesitz, Visa-Pflicht für Ausländerkinder und Mahnmal für die Heimatvertriebenen. Weiterlesen

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