Dorstener verwüsteten unter dem Gejohle der Umstehenden im November 1938 die Synagoge in der Wiesenstraße und verbrannten das sakrale Inventar auf dem Marktplatz

Jüdisches Gemeindehaus in der Wiesenstraße; weißes Giebelhaus auf der rechten Seite im Hintergrund

Von Wolf Stegemann

4. November 2016. – Schon am frühen Abend des 9. November 1938, als es schon dunkelte, drangen uniformierte und zivil gekleidete Dorstener mit Brandfackeln in der Hand in das jüdische Gemeindehaus an der Wiesenstraße ein, in dessen oberen Etage sich der Gebetsraum befand. Friedhelm Potthoff, damals gerade neun Jahre alt, erinnerte sich noch genau an die Verwüstung der Dorstener Synagoge in der Wiesenstraße. Er und seine Schwester wohnten nämlich in dem der Synagoge ange­bauten Nachbarhaus. In der johlenden Menge erkannte er viele Dorstener, darunter Jugendliche in HJ- und BDM-Uniform. Angeführt wurde der Haufen von SS-Männern. Etwa 25 von ihnen drangen in das Haus ein. Weiterlesen

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Heutiger „Weltspartag“ lässt seit 91 Jahren die Spardosen klimpern – früher lauter, heute leiser oder gar nicht mehr. – Ein Blick in die Dorstener Banken-Geschichte

Werbung für das Sparen am Weltspartag in Deutschland in der NS-Zeit 1934

Von Wolf Stegemann

28. Oktober 2016. – Dieser Freitag ist ein Tag, an dem weltweit von Banken zum Sparen aufgerufen wird. Das kennen die älteren unserer Leser bereits aus ihrer länger zurückliegenden Kindheit, als Mitarbeiter örtlicher Banken in die Schulen kamen, leere Spardosen verteilten und volle leerten. Banken wollten schon immer das Geld der Leute, von dem sie leben. Daher riefen sie schon auf den 1. Internationalen Sparkassenkongress 1924 in Mailand zu einem weltweiten Spartag auf, der bis heute alljährlich Ende Oktober stattfindet, in diesem Jahr am 28. des Monats. Dieser Tag ist der Förderung des Spargedankens gewidmet, der sich in Deutschland durch alle Jahrzehnte fortsetzte und im Nationalsozialismus Blüten trieb.  Denn das Regime wollte durch Sparen und Sparsamkeit der Bürger diese auf den Krieg vorbereiten und ihn auch mit den Spargeldern mitfinanzieren. Nach dem Krieg allerdings begann die Blütezeit des Spargedankens, bei dem in Europa sogar der Papst mit eingebunden werden sollte. Allerdings verlor der Weltspartag in den letzten 30 Jahren an Bedeutung. Heute steht er in manchen Ländern nur noch marginal in Kalendern. In anderen Ländern gewinnt er an Bedeutung. In den letzten Jahren wurde er u. a. in Aserbaidschan, Mexiko und Mosambik eingeführt. Weiterlesen

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Das kirchliche Dorsten I: Wie Pfarrer Heming den Lehrer und Kirchenchor-Dirigenten Berger wegen „unsittlichen Verhaltens“ 1930 in Bedrängnis brachte – und dieser die Gerüchtemacher vor Gericht

Hoch ragt der Turm von St. Agatha über die Dächer der Stadt vor der Zerstörung 1945

Von Wolf Stegemann

Vorbemerkung: 21. Oktober 2016. – Protestanten feiern am 10. November Luthers 533. Geburtstag und im nächsten Jahr jährt sich der Anschlag der Thesen Martin Luthers an der Kirche zu Wittenberg zum 500. Mal. Fünfhundert Jahre Entzweiungsgeschichte der christlichen Kirche mit Kriegen, Verfolgungen und Diskriminierungen, letztere bis in die Jahrzehnte des letzten Jahrhunderts hinein, spiegelte sich auch in Dorsten wider. Die Stadt war ein katholisches Bollwerk gegenüber den Reformationsbestrebungen, selbst dann, als die umliegenden Orte und selbst der Bischof von Köln, Landesherr von Dorsten, im 16. Jahrhundert evangelisch geworden waren. Jahrhunderte später gab es in der Person des Agatha-Pfarrers Ludwig Heming (1872-1940) ein ähnliches Bollwerk. Er kritisierte öffentlich Dorstener Geschäftsleute, die zum 450. Geburtstag Martin Luthers 1933 dessen Bildnis während eines Umzugs der kleinen evangelischen Gemeinde in der Stadt ins Schaufenster gehängt hatten. Noch in den 1960er-Jahren gab es in einer evangelisch-katholisch gemischten Schule in Holsterhausen eine Lehrerin, die auf dem Schulhof mit Kreide einen Strich zog: die katholischen Schüler müssten auf der einen Seite ihre Pausenbrot essen, die evangelischen auf der anderen Seite des Strichs. Heute hat sich das alles abgeschliffen, wenn auch noch in den 1980er-Jahren ein katholischer Pfarrer Mischehen zu trauen ablehnte.
Es gibt viel Geschichte, Geschichten und Anekdoten rund um die Kirchtürme in Dorsten  und den früheren Landgemeinden, die heute Stadtteile sind. Dorsten-transparent wird sie nach und nach veröffentlichen. Nicht chronisch geordnet, das wäre zu langweilig, sondern einfach herausgegriffen aus dem Fundus der Geschichten. Sie sind mal historisch fundierte Geschichtsabläufe, ein andermal geben sie Lustiges und Trauriges, Nachdenkliches und manchmal auch Unbegreifliches aus den Pfarreien anekdotisch wieder.  Hier die erste Geschichte aus der St. Agatha-Gemeinde des Jahres 1930: Weiterlesen

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Demographie – Flüchtlingszustrom sorgte 2015 für eine Pause im Bevölkerungsrückgang der Stadt

Flüchtlinge verändern die Bevölkerungsstatistik; Foto (nicht Dorsten): dpa

Von Helmut Frenzel

14. Oktober 2016. – Na endlich, wird manch einer gedacht haben, als er vor einigen Wochen die Nachricht vernahm:  Im vergangenen Jahr ist die Bevölkerung der Stadt Dorsten nicht mehr weiter geschrumpft. Die Zahl der Einwohner ging nach den Zahlen des statistischen Landesamtes lediglich um 9 auf 75.431 zurück. Damit ist die durchschnittliche jährliche Schrumpfung in den vorangegangenen Jahren von  etwa 500 auf nahe Null zurückgegangen. Das hat die Stadt seit anderthalb Jahrzehnten nicht gesehen. Wie war das möglich? Weiterlesen

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„Erste Dorstener Männertage“ – eine Rückbesinnung auf eigentlich Überflüssiges. Oder waren sie doch wichtig? Vielleicht sogar ein kulturelles Highlight?

Eine augenzwinkernde Betrachtung von Wolf Stegemann

7. Oktober 2016. – Was den Frauen recht ist, scheint den Männern billig zu sein. Männer wollten nun auch ihre Tage haben, wie sie die Frauen einmal im Jahr haben. Und sie bekamen sie auch im September 2016. So ganz alleine wollten sie Männer dann doch nicht dastehen. Deshalb holten sie die eine oder andere Frau in ihr Männerboot. Die städtische Gleichstellungsbeauftragte Vera Konieczka machten sie quasi zur Patin der Auftaktveranstaltung „Mannomann“, der „großen Männerrevue“. Sie kam dazu, wie die legendäre Jungfrau zum Kind. Denn in der DZ sagte sie darüber, man habe ihr die Patenschaft der Männerrevue wie ein neugeborenes Kind in den Arm gelegt. Männer, darunter solche, die glauben, gestandene Kerle zu sein – toll, klug, einfältig, wissend oder unwissend – verkündeten acht Tage lang in zehn Veranstaltungen ihr Credo, gleichsam das Motto dieser Männerwoche: „Männerthemen sind auch Frauensache!“ Na ja! Die Gleichstellungsbeauftragte hätte sich jedenfalls mehr „nachdenklichere Veranstaltungen“ gewünscht, wie sie am 10. September in der DZ zitiert wurde. Weiterlesen

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Rettungsaktion. Wird das Mercaden mit TKmaxx aus der Krise kommen? Zweifel sind angesagt

Kommentar von Helmut Frenzel

30. September 2016. Dass es mit dem neuen Einkaufszentrum am Lippetor so schlecht laufen würde, damit dürften nicht einmal die ärgsten Pessimisten gerechnet haben. Zum Image eines Einkaufszentrums gehört, dass es vom Start weg erfolgreich funktioniert. Davon kann wahrlich keine Rede sein. Das Mercaden dümpelt vor sich hin. Der Besucherandrang der ersten Tage ist längst verflogen und gähnende Leere beherrscht zumeist die Szenerie. Bei den Besuchern macht sich Mitleid breit – weniger mit dem Centerbetreiber als vielmehr mit dem Verkaufspersonal. Das betrifft vor allem die Bekleidungsgeschäfte. Kaum mal ein Kunde, der sich für das Angebot interessiert. Die Verkäuferinnen zeigen Haltung und versuchen tapfer, die tägliche Langeweile zu überstehen. Bei den gastronomischen Betrieben sieht es nicht viel besser aus. Ob die beiden Ankermieter Kaufland und Müller mit der enttäuschenden Kundenfrequenz zurechtkommen, ist nicht bekannt. Zweifel sind erlaubt. Weiterlesen

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Sie steht mit Hannibal, Karl dem Großen, Napoleon, Goethe und vielen anderen in einer Reihe: Gabriele Reiß überquerte in 40 Tagen die Alpen vom Starnberger See bis Venetien – und schrieb darüber ein Buch

Gabriele Reiß - hoch hinauf und tief hinunter; Foto: privat

Von Wolf Stegemann

23. September 2016. – Die einen gehen in die Sauna, schwitzen vor sich hin, die anderen meditieren, wieder andere klettern auf Berge oder segeln mit dem Boot an der Küste entlang, anderen wiederum reicht es, einmal tief durchzuatmen, um den Geist frei zu machen. Gabriele Reiß hat für sich gleich zwei Methoden entdeckt, den Geist zu befreien: Das Bergwandern in bester Luft und das Schreiben darüber zuhause in Dorsten. Sie wandert nicht etwa im Bergischen Land oder im Sauerland, sondern in den Alpen. Obwohl sie Mitglied im Deutschen Alpenverein ist, geht sie jedoch nie in Gruppen, sondern immer zu zweit oder auch mal allein. 39 dieser Gebirgswanderungen liegen bereits hinter ihr und weitere vor ihr. Sie umrundete bereits zweimal den Watzmann-Stock in Berchtesgaden, wanderte im Rätikon, kennt dort alle Übergänge, machte Touren im Unterengadin. 2017 steht die Schesaplana in den Schweizer Alpen an, ein Dreitausender. Den hat sie schon zweimal begangen. Weiterlesen

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