Von Helmut Frenzel
14. Oktober 2016. – Na endlich, wird manch einer gedacht haben, als er vor einigen Wochen die Nachricht vernahm: Im vergangenen Jahr ist die Bevölkerung der Stadt Dorsten nicht mehr weiter geschrumpft. Die Zahl der Einwohner ging nach den Zahlen des statistischen Landesamtes lediglich um 9 auf 75.431 zurück. Damit ist die durchschnittliche jährliche Schrumpfung in den vorangegangenen Jahren von etwa 500 auf nahe Null zurückgegangen. Das hat die Stadt seit anderthalb Jahrzehnten nicht gesehen. Wie war das möglich?
Ein Blick auf die Statistiken zeigt, dass 2015 die Zahl der zugewanderten Ausländer um 452 über der Zahl der abgewanderten Ausländer lag. Im Vorjahr hatte der positive Wanderungssaldo bei dieser Gruppe noch 284 betragen. Damit hat die Zuwanderung von Ausländern 2015 die negativen Einflüsse, die auf die Bevölkerungsentwicklung einwirken, nahezu vollständig ausgeglichen und so dazu geführt, dass die Einwohnerzahl der Stadt gegenüber dem Vorjahr nahezu konstant blieb. Unter den Ausländern werden Flüchtlinge erfasst, aber auch andere Ausländer, zum Beispiel Bürger aus EU-Ländern. Der starke Anstieg der Zuwanderung ist indes größtenteils auf den Flüchtlingszustrom zurückzuführen.
Die beiden anderen Einflussgrößen auf die Bevölkerungsentwicklung erwiesen sich dagegen als ziemlich stabil. Das Geburtendefizit betrug 321; der Anzahl von 902 Sterbefälle standen 581 Geburten gegenüber. Der Wanderungssaldo der deutschen Einwohner war mit 155 negativ. Zusammen mit dem Geburtendefizit summieren sich die Rückgänge auf 476. Dem steht der positive Wanderungssaldo bei den Ausländern von 452 gegenüber.
Neue Tendenzen bei den Wanderungen der deutschen Einwohner?
Bei den Wanderungsbewegungen der deutschen Einwohner fällt eine Veränderung auf. In früheren Jahren schwankte der jährliche Wanderungsverlust zwischen 300 und 400. In 2014 lag er erstmals unter 200 und im vergangenen Jahr ging er weiter auf 155 zurück. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Zahl der Zugezogenen gegenüber den Jahren vor 2014 um etwa 100 gestiegen und die Anzahl der Fortgezogenen um die gleiche Anzahl gesunken ist. Ob sich die Wanderungsverluste bei dem deutschen Teil der Wohnbevölkerung derzeit auf einem niedrigeren Niveau einpendeln oder sich eine grundlegende Trendwende anbahnt, werden die nächsten Jahre zeigen.
Was die Wanderungsbewegungen der Ausländer anbetrifft, kann man davon ausgehen, dass es einen ähnlich hohen positiven Saldo in 2016 nicht geben wird. Einerseits ist die Zahl der Flüchtlinge, die in diesem Jahr in die Bundesrepublik gekommen sind, sehr stark gesunken mit entsprechenden Folgen für die Zuweisungen an die Gemeinden. Andererseits wird von den in Dorsten wohnenden Flüchtlingen, wenn ihr Status geklärt ist, ein Teil die Stadt wieder verlassen oder verlassen müssen. Am Ende des Jahres könnte der Wanderungssaldo für diese Gruppe von Einwohnern schon wieder das Vorzeichen gewechselt haben.
Große Unterschiede bei den Geburtenzahlen im Kreis Recklinghausen
Ein Wort noch zu den Geburten in 2015. Im Kreis Recklinghausen erreichte die Zahl der Lebendgeborenen mit 4977 Geburten wieder den Stand von 2005. Gegenüber dem Vorjahr beträgt die Zunahme 3,2 Prozent. Dahinter verbergen sich überraschend große Unterschiede in den kreisangehörigen Städten. Zuwächse gegenüber dem Vorjahr verzeichneten Castrop-Rauxel ( + 11,9 Prozent), Datteln ( + 10,2 Prozent), Gladbeck ( + 8,5 Prozent) und Recklinghausen-Stadt ( + 6,4 Prozent). Rückgänge hinnehmen mussten Haltern ( – 12,9 Prozent), Dorsten (- 2,5 Prozent) und Waltrop (- 2,3 Prozent). Herten, Marl und Oer-Erkenschwick konnten geringe Zuwächse verbuchen. Die Gründe für diese bemerkenswerten Unterschiede sind unklar und unklar ist auch, warum Dorsten sich am unteren Ende der Bandbreite wiederfindet. Und auch ein anderer Vergleich gibt Rätsel auf. Bis 2011 fiel die Zahl der Geburten im Kreis mit 4505 auf einen Tiefststand. Seither steigt sie wieder an: 2015 betrug der Zuwachs seit 2011 10,5 Prozent. Auch hier gibt es wieder große Unterschiede: In Castrop-Rauxel nahm die Zahl der Geburten um 24 Prozent und in Recklinghausen-Stadt um 20 Prozent zu. In den anderen kreisangehörigen Städten liegen die Raten im mittleren einstelligen Bereich. In Dorsten beträgt der Zuwachs 5,8 Prozent. Was ist in Castrop-Rauxel und in Recklinghausen-Stadt so anders, dass dort so viel mehr Kinder geboren werden?