Silvesterbräuche – Für das Neujahrsschießen der Bürgerwacht gab es 1667 eine Tonne Bier

Milliarden werden in den Himmel geschossen – in diesem Jahr nicht!

Von Wolf Stegemann

30. Dezember 2020. – Es ist guter Brauch, dass der Bürgermeister und früher auch der Stadtdirektor, als es die Doppelspitze noch gab, an Silvester über die Lokalzeitungen mit einem Rückblick auf das alte Jahr den Lesern und Bürgern der Stadt ein gutes neues Jahr wünschen. Brauch ist es auch, dass  mit Böllerschüssen das alte Jahr vertrieben und das neue empfangen wird. In diesem Jahr ist es wegen er Corona-Pandemie und des Verbots schon schwieriger. Anzunehmen ist aber, dass dennoch geböllert wird. Böllerschüsse und Krach rühren an heidnische Bräuche, die durch das Glockengeläut der Kirchen „christianisiert“ wurden. Aus dem Jahr 1509 ist eine Nachricht überliefert, die von einem Gelage spricht, das die beiden Bürgermeister der Stadt Dorsten am Silvesterabend für Ratsherren veranstalteten. Zu diesem Fest steuerte die Stadt einen Geldbetrag bei. 1648, als der Dreißigjährige Krieg endlich mit dem Friedenschluss von Münster und Osnabrück beendet war, wünschten Marktschreiber und Wiegemeister der Stadt Dorsten dem Rentmeister im Namen der Stadt ein gutes neues Jahr; jeder von ihnen wurde dafür mit einem Reichstaler belohnt. Die Bürgerwacht, die 1667 den Ratsherren „das Neujahr geschossen“ hatte, erhielt für ihre Mühe eine Tonne Bier geschenkt; den gleichen Lohn bekamen Soldaten, die 1685 das Neujahr mit Schüssen empfangen haben.

Nachtwächter durften zum neuen Jahr blasen

Das Glockenläuten zu Silvester hat ebenfalls eine lange Tradition. 1726 wurde in Dorsten „Silvesterabend geläutet“ und 1745 das „alte Jahr ausgeläutet“. Ein Trommler, der 1732 zu Neujahr getrommelt hatte, erhielt dafür eine Belohnung in Höhe von 40 Stübern. Zwei Nachtwächter jedoch, die gegen das Verbot des Blasens verstoßen und „das neue Jahr geblasen“ hatten, wurden 1755 mit empfindlichen Geldbußen belegt. Es war damals wohl nicht Aufgabe der Nachtwächter, das neue Jahr mit ihren Hörnern anzukündigen.Gegen Trinkgeld eine guten neues Jahr gewünschtEin  Neujahrsglückwunsch der besonderen Art ist aus dem Jahre 1797 überliefert. Die beiden Bürgermeister der Stadt statteten dem damaligen französischen Statthalter „zum neuen Jahr ihr unterthänig gehorsames Kompliment“ ab. Noch um das Jahr 1900 gingen die städtischen Nachtwächter von Haus zu Haus, um gegen ein Trinkgeld „ein glückliches Neujahr“ zu wünschen. Noch bis vor Jahrzehnten und zum Teil heute noch, haben Briefträger und die Müllabfuhr diesen Brauch fortgesetzt. – Silvester ist jedoch nicht nur ein Fest gewesen, an dem die Knallerei Freude machte. Dies belegt eine Meldung aus der Dorstener Lokalzeitung des Jahre 1899, die folgenden Wortlaut hatte:

„Der Schluss des Jahres ist im Allgemeinen ruhig verlaufen. Man hörte noch, namentlich draußen, vereinzelte Schüsse fallen, sonst aber scheint die geräuschvolle Feier des Sylvester, wie sie in anderen Jahren üblich war, nachzulassen, und die Feier sich mehr auf das Haus und die Familie zu beschränken. Darüber kann man sich nur freuen.“

Dieser Beitrag wurde unter Feste und Feiern, Geschichte, Heimatgeschichte, Zurückgeblättert abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Ein Kommentar zu Silvesterbräuche – Für das Neujahrsschießen der Bürgerwacht gab es 1667 eine Tonne Bier

  1. Andreas Longrak sagt:

    Der 31.Dezember ist in Japan als ōmisoka bekannt – ein Tag, der im Zeichen des Übergangs steht: Von Glockenläuten über leckeres Essen bis zu Gesang gibt es viele Traditionen und Zeremonien anlässlich des japanischen Silvesters, doch alles ganz ohne Feuerwerk. Warum nicht auch in Deutschland? Das Lauschen der Glocken im Freien mit Freunden und/oder Familie ist besinnlich und romantisch.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert