Dorstens „patriotische Straßennamen“ (1) – Düppelstraße in Holsterhausen: Seit 1910 kündet die Straße von Krieg, Ruhm und Sieg. Doch es war ein blutiges Gemetzel

Die Düppelstraße verbindet die Waldstraße mit der Freiheitsstraße; Foto: W. Stegemann

Von Wolf Stegemann

In Dorsten gibt es heute noch einige Straßen, die nach preußisch-ruhmbekleckerten Feldmarschällen benannt sind. Eine Straße erinnert sogar an einen von Preußen gewonnenen Krieg 1864 gegen das kleine Dänemark in dem dortigen Dorf Düppel, das gerade 600 Einwohner hatte. Es liegt zwischen Flensburg und Sonderburg. – Im damaligen Wilhelminischen Kaiserreich liebdienerten sich die Bürgermeister durch Straßenbenennungen den hohen Herrschaften an. So entstand in Holsterhausen die 1910 namentlich nach dem preußischen König genannte „Friedrichstraße“ (der III.), 1911 nach dem Bruder des Kaisers Wilhelm II. namentlich die „Heinrichstraße“, ebenso bekam der Preußen-Feldherr von Roon eine Straße, Goeben, Wrangel, Blücher und Bismarck auch; zudem Damen des Königshauses. Das sind neben Musiker-, Künstler-, Tier-, Pflanzen-, Heiligen- und anderen Straßen die „patriotischen Straßen“. Zu denen gesellten sich von 1933 bis 1945 Namen wie Adolf Hitler und anderer Nazis, nach denen besonders attraktive Plätze und Straßen benannt wurden, wie beispielsweise das Essener Tor in Dorsten und die „Adolf-Hitler-Straße“ in Holsterhausen, die danach dem heiligen Antonius gewidmet wurde. Weiterlesen

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Es ist jetzt neun Jahre her, dass am helllichten Tag in der Lippestraße eine 27-Jährige von ihrem Mann erstochen wurde – Ehrenmorde: Urteile werden in den Familien gesprochen

Essay von Wolf Stegemann

Juni 2017. – Vor wenigen Wochen füllten Schlagzeilen die Zeitungen, als vor einem Gericht in Istanbul zwei Brüder freigesprochen wurden, die ihren jüngeren Bruder (25 Jahre) 2005 in Berlin dazu gebracht haben sollen, die 23-jährige Schwester Hatun Sürücü zu töten. Er ermordete sie mit drei Pistolenschüssen, weil die Brüder den westlichen Lebensstil der Schwester in Berlin ablehnten. 2006 wurde der jüngere Bruder vom Landgericht Berlin als Täter zu einer neunjährigen Jugendstrafe verurteilt und nach Verbüßung 2014 in die Türkei abgeschoben, wo bereits die beiden älteren Brüder wieder lebten. Die deutschen Behörden schickten die Akten nach Istanbul, wo den beiden älteren Brüdern, von denen einer die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, der Prozess gemacht und von der Anklage der Mittäterschaft in allen Punkten freigesprochen wurde. Dies ist kein Einzelfall in der Justizgeschichte der Ehrenmorde in der Bundesrepublik. Weiterlesen

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Rund um die Treppen: Märchenhaftes und Mörderisches, Historisches und Herrschaftliches, Filmisches und Philosophisches quer durch die Zeiten und Kunst-Epochen

In der christlichen Mythologie führen neben Leitern auch Treppen in den Himmel

Von Wolf Stegemann

Muss man den „Treppenwitz“ kennen? Nein, denn es ist gar keinen. Als Treppenwitz bezeichnet man die Entgegnung, die einem erst nachträglich, beim Weggehen „auf der Treppe“ einfällt. 1882 erschien das Buch „Treppenwitz der Weltgeschichte“, in dem paradoxe und kuriose Geschehnisse der Weltgeschichte geschildert werden. In der Einleitung heißt es u. a.: „Der Geschichte fällt, gerade wie dem von einer Audienz der Treppe herunterkommenden Bittsteller, ein pikantes, gerade passendes Wort fast immer erst hinterdrein ein.“ Allerdings ist das Wort „Treppenwitz“ älter als dieses Buch. Weiterlesen

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Der Führer wollte 1934 das Reichsarbeitsdienstlager in Deuten besuchen. Die Leute saßen auch in den Bäumen und warteten – doch Hitler kam nicht

Fahnenappell 1934 im neu eröffneten Knickmann-Lager in Deuten

Von Wolf Stegemann

In der Zeit von 1932 bis 1933 gab es fünf Lager des Freiwilligen Arbeitsdienstes in Dorsten und der Herrlichkeit, um Arbeitslosen sinnvolle Aufgaben zu geben wie Kultivierung, Trockenlegung, Landschaftspflege. Drei der Lager befanden sich in Lembeck (bei Förster Geßler, in der Scheune des Ketteler-Hofs, bei Gladen), eins am Freudenberg (das spätere Erholungsheim für jüdische Kinder „Haus Berta“) und eins in Holsterhausen (Sägewerk Schroer, im Werth). Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten gelang es dem Reichsleiter aller Arbeitsdienstlager, Konstantin Hierl, schnell, die kommunalen, kirchlichen und sonstigen Träger der Arbeitsdienstlager auszuschalten und den Freiwilligen Arbeitsdienst als NS-Arbeitsdienst gleichzuschalten. Aus Arbeitsdienstwilligen wurden Arbeitsmänner. Dazu die „Dorstener Volkszeitung“ am 24. Juni 1933: Weiterlesen

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Das Ende einer Legende, dass Schulden nur harmlose Ziffern auf dem Papier sind – Jetzt musste die Stadt einen Buchverlust von 3 Millionen Euro realisieren und in barer Münze bezahlen

Im Dorstener Rathaus werden die Schulden gewälzt; Foto: Frenzel

Von Helmut Frenzel

16. Juni 2017. – Es ist eine Zeitenwende. 2016 wurde der “Euro Swissy” abgewickelt, der Vertragspartner hatte den Vertrag gekündigt. Es ging um einen Kredit der Stadt Dorsten, dessen Höhe ursprünglich 7,1 Millionen Euro betrug und der in Schweizer Franken zurückgezahlt werden musste. Da der Franken gegenüber dem Euro in den vergangenen Jahren bekanntlich stark aufwertete, belief sich der Rückzahlungsbetrag auf 10,1 Millionen Euro. Der Differenzbetrag von 3 Millionen war ein Währungsverlust, der im Zuge der Beendigung des Geschäfts bar bezahlt werden musste und also “realisiert” wurde. Weiterlesen

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Fronleichnam: Ein katholischer Feiertag mit merkwürdigem Namen – Nazis behinderten die Prozessionen von St. Agatha und der Pfarrer rügte die „schamlose Kleidung“ der Frauen

Fronleichnamsprozession von St. Agatha am Marktplatz 1938; im Bild der Agatha-Chor

Von Wolf Stegemann

9. Juni 2017. – Fronleichnam ist einer der wichtigsten katholischen Feiertage im Jahr und zudem ein in ganz Deutschland gesetzlicher. Begangen wird er alljährlich am Donnerstag nach dem Dreifaltigkeitssonntag, dem Sonntag nach Pfingsten. Abhängig von den Osterfeiertagen fällt er zwischen den 21. Mai und den 24. Juni. In diesem Jahr auf den nächsten Donnerstag (15. Juni). Auch wenn der Tag für die katholische Kirche ein wichtiger Tag ist, so gehört Fronleichnam sicher zu den katholischen Feiertagen, deren Hintergrund am wenigsten bekannt ist, auch nicht allen Katholiken, und schon gar nicht die Namensdeutung, wie die Katholische Presse-Agentur (KNA) schreibt. Das Fest hat wohl den merkwürdigsten Namen aller kirchlichen Festtage. Weiterlesen

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Ein Haus mit NS-Geschichte: Die Beschlagnahme des Riese-Hauses in der Alleestraße 1933 – Beispiel einer rücksichtslosen Machtanwendung der NSDAP

Das Riese-Haus in der Alleestraße steht heute noch; Foto aus dem Jahre 1980

Von Wolf Stegemann

2. Juni 2017. – Ludwig Heming hatte eine bei der Bevölke­rung hoch angesehene Position inne. Als die Nationalsozialisten im Jahre 1933 in Dorsten die Ämter im Rathaus und im gesamten öffentlichen Leben besetzten, war Ludwig Heming bereits 20 Jahre lang Pfarrer in Dor­sten. Mit Sicherheit verdankt er diesem Umstand sein letztlich ungefährdetes Wir­ken in der Pfarrgemeinde, wenn seine Arbeit auch im hohen Maße durch die staat­lich verordnete und parteigelenkte Kirchenfeindlichkeit mehr und mehr an Boden verlor. Aus dem einst so »hemdsärmeligen« Pastor, der kein Blatt vor den Mund nahm, aus dem polternden, manchmal recht unwir­schen Gottesstreiter wurde durch Enttäu­schung, politischen Druck und Drohung bald ein immer stillerer Mann, der sogar ab 1935 seine Agatha-Chronik nicht mehr wei­terführte, die er über 20 Jahre lang mit nahezu verbissener Vehemenz und Detailfreude geschrieben hatte. Heming konnte sich auf Dauer gegen­über den NS-Behörden, von denen er nach anfänglichem Hoffen enttäuscht war, nicht behaupten. Er gab immer öfter nach, um zu bewahren, was noch zu bewahren war: seine Fürsorge für die Kirche und seine immer kleiner werdende Gemeinde. Weiterlesen

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