Dorsten als Familienname – Auch die Stadtteile kommen vor: Harvey Lembeck in New York, Freya von Rhade in Frankfurt und Arrius von Wulfen als Computerspiel-Kämpfer

Von Wolf Stegemann

Namen von Städten und Stadtteilen kommen häufig in oder als Familiennamen vor. Vor allem bei adeligen und in jüdischen Familien, von deren Namen meist die Herkunft abzuleiten ist, wie bei Johann von Lembeck oder Salomon Oppenheimer. Vor Jahrhunderten gab es im Westfälischen eine Familie von Dorsten. Ein Ewald von Dorsten, gestorben 1618, war in Münster Stiftsrentmeister. Dessen Tochter Maria von Dorsten (geb. 1582/83) heiratete 1603 in Metelen den berühmten Prof. Dr. Johannes Michael Giga (1582 bis 1637), der Kartograph, Mediziner, Leibarzt des Fürstbischofs, Mathematiker und Physiker war.

Heute ist der Name Dorsten als Familienname in Deutschland wenig verbreitet; zumindest hat er kaum noch prominente Träger. Rund 15 Personen sind im bundesweiten Telefonbuch aufgeführt, die meisten wohnen in Rheine. Birgit Dorsten heißt eine junge Frau in Köln, die junge Prozessbeteiligte zum Amtsgericht begleitet. Es gibt einen Bildhauer in Lemgo, gebürtig in Osnabrück: D. Dickmann. Das D des Vornamens steht für Dorsten. Die niederländische Version „van Dorsten“ ist im benachbarten Königreich häufig anzutreffen, ebenso in den USA, auch in Deutschland, wie beispielsweise der Puppenspieler am Theater Konstanz, Arne van Dorsten, aber auch rund 20 Namensträger in Berlin, Neuenhaus, Eggenstein-Leopoldshafen und Dortmund.

Freiherr Franz Xaver von Wulfen (1728-1805)

Familien von Wulfen leben heute in Ochtrup, Mösingen, Fürstenau

Adelsfamilien „von Wulffen“, die allerdings mit Wulfen nichts zu tun haben, gibt es drei, die sich 1896 zu einem erweiterten Familienverband zusammengeschlossen haben und sich mit zwei -ff- schreiben. Eine der drei Familien „von Wulffen“ stammt aus Radegast im Anhaltinischen, die auf einem Gut namens Wulfen lebten, das wiederum mit einem-f- geschrieben wird. Eine andere Familie stammt aus dem Brandenburgischen und die dritte aus Halberstadt. Allerdings gibt es in Österreich eine in den Freiherrenstand erhobene Familie von Wulfen, die sich mit einem f schreibt, wie der nördliche Stadtteil von Dorsten. Einer der bekanntesten Namensträger ist der Jesuit, Mineraloge und Botaniker Franz Xaver Freiherr von Wulfen (1728 bis 1805). Bekannt ist er als Entdecker der „Wulfenie“ und des Gelbbleierzes Wulfenit. Sein offizielles botanisches Autorenkürzel lautet „Wulfen“.

Mitglieder der Familie von Wulfen leben heute u. a. in Bad Iburg, Fürstenau, Ochtrup und Mössingen. Dann gibt es vornehmlich in Norddeutschland noch eine niederländische Version des Namens: Armin van Wulfen wohnt in Heede, Anton van Wulfen in Dörpen, weitere van Wulfens wohnen in Rhede, Herßum und Mehringen. Es gibt auch die „einfachen“ Wulfens, die ohne Adelsprädikat. Ein Friedrich Wulfen wohnt in Aurich, Edda und Manfred Wulfen leben in Salzgitter. Nicht zu vergessen ist Arrius von Wulfen, der aus einfachen Verhältnissen stammt, aber unter anderem durch seine wichtige Rolle im Widerstand gegen den Ork-Überfall auf Gereth während der Zweiten Schlacht auf den Silkwiesen zum Berater von Emer ni Bennain und Rohaja von Gareth aufgestiegen ist. Zudem hängen dieser Computer-Spielfigur neopatriotischen Ideen an. Nach Menschen, die Barkenberg heißen, sucht man im Telefonbuch der Bundesrepublik allerdings vergebens.

Der österreichische Schauspieler Harry Hardt 1926; Foto: Alexander Binder

Emmelkamp, Deuten, Hardt, Ekel

Da ist der Emmelkamp schon besser vertreten, wenn auch nur durch zwei Personen bei Twitter: Stefan und Arja Emmelkamp, beide Studenten, aus den Niederlanden. Wer im Telefonbuch nach Deuten sucht, wird in Norddeutschland fündig. In Hamburg gibt es eine Charlotte Wallner-von Deuten-Stiftung und in Walsrode, Benderstorf leben Angehörige einer Familie von Deuten. Die Hardt ist ebenfalls durch eine Adelige in Münster vertreten. Dort wohnt ein Herr oder eine Dame namens von der Hardt. Ohne Adelstitel gibt es den Familiennamen Hardt rund 2.500 Mal zwischen Kiel und Koblenz, Bettenhausen und Burghausen, Niederbreitbach und Leipzig, Köln und Demin. Bekannt ist der österreichische Schauspieler Harry Hardt (1899-1980), der in 180 Spielfilmen mitwirkte. Die deutsche Schauspielerin Karin Hardt wurde in den 1950er- und 60er-Jahren durch Filme wie “Endstation Liebe” bekannt. Ekel ist nicht nur ein früherer Ortsteil von Dorsten, bekannter als dieser ist sicherlich das Ekel Alfred aus der TV-Reihe. Es gibt aber auch nette Ekels, einen Heinz-Wilhelm Ekel in Bottrop, weitere Ekel im württembergischen Heubach, in Willstätt und in Mayen.

400 Leute namens Altendorf in Telefonbüchern

Hans Altendorf, wegen seiner DDR-Vergangenheit umstrittener Direktor der Stasiunterlagen-Behörde (2001)

Altendorf ist als Familienname in Telefonbüchern stark vertreten. Ein Albert in Weilheim, ein Andreas in Wolfen, eine Anne in München sowie weitere 400 Personen mit diesem Namen. Von Ulfkotte dagegen sind nur etwa elf zu finden: ein Dr. Josef Ulfkotte in Dorsten und weitere in Maasholm, Gladbeck, Bad Soden und anderswo. Eine Projektleiterin der Deutschen Landwirtschaft-Gesellschaft namens Freya von Rhade hat nichts mit dem Dorstener Stadtteil zu tun. Die Familie stammt aus Norddeutschland. Zur Familie von Rhade gehören noch Wissenschaftler, Autoren und der Präsident des Bundessozialgerichts hieß bis 2007 Matthias von Rhade. Während man den Familiennamen Holsterhausen in Telefonbüchern nicht findet, gibt es den Namen Lembeck mehrere hundert Male. Vornehmlich kommt Lembeck im westfälischen Raum vor, aber auch im Rheinland, in Berlin, Bremen, Niedersgörsdorf und auf Sylt, kaum in Süddeutschland.

Schauspieler Harvey Lembeck (New York)

In New York wurde 1923 der bekannte komödiantische Schauspieler Harvey Lembeck geboren, der 1982 in Los Angeles starb. Bekannt wurde er in Verfilmungen von Billy Wilder und in den TV-Serien Solo für O.N.K.E.L. und „Ihr Auftritt, Al Mundy“.

Die Geschwister – Wie einmalig sind Dorsten und die Stadtteile?

Dorsten ist einmalig, zumindest auf der Landkarte. Es gibt kein anderes Dorsten. Auch die Stadtteile bzw. Ortsteile Lembeck, Hervest, Deuten, Barkenberg und Ulfkotte gibt es nur ein Mal. Dagegen haben Altendorfer, die Urlaub in Altendorf machen und dennoch den Gardinenwechsel haben wollen, die Chance, unter 18 Gemeinden oder Gemeindeteilen namens Altendorf die Wahl zu treffen. Zudem können sie in Österreich unter vier Altendorf (Ober-, Niederösterreich, zwei Mal in Kärnten) und in der Schweiz unter zwei (in den Kantonen Schwyz und St. Gallen) auswählen. Wer in der Schweiz reiten will, dem empfiehlt sich in Rüdlingen das Reiterdorf „Old Village“.

Könnte auch die Dorstener Hardt sein

Die Niederländer machen Werbung für Urlaub in Ouddorp im Nordseepark am Gevelingenmeer. In Tschechien gibt es sechs Altendorf (Stará Ves im Bezirk Bruntal, dann im Bezirk Prerov und im Bezirk Semily sowie bei den Städten Liebau, Braunsberg und Hochstadt), die Altendorf allerdings nur bis 1945 hießen. In der Slowakei findet man nur ein Altendorf: Spisšká Stará Ves im Bezirk Kežmarok. Sicherlich gibt es auch in den ehemaligen deutschen Gebieten des Ostens, die heute zu Russland oder Polen gehören, noch einige Orte namens Altendorf. – In Deutschland gibt es Gemeinden mit dem Namen Altendorf im Landkreis Bamberg (Bayern), in Chemnitz (Sachsen), in Essen (NRW), im Saale-Holzland Kreis (Thüringen), in den Landkreisen Unna (NRW) und Holzminden (Niedersachsen), im Kirnitschtal (Sachsen), in Meckenheim und Mörnstal sowie im Landkreis Cuxhaven und anderswo.

Auch die Hardt ist auf der Landkarte mehrmals vertreten, sowohl als selbstständige Gemeinde als auch als Ortsteil, Landschaft und Berg. Denn der Name steht für „bewaldeter Hang“, „Anhöhe“ oder „Waldweide“. – Als Ort ist die Hardt in Deutschland 28 Mal vertreten, meist in Süddeutschland, im Schwarzwald, im Allgäu, in Niederbayern, im Inn-Kreis, aber auch im Westerwald und in Nordrhein-Westfalen. Sie ist ein Ortsteil von Engelskirchen, von Gummersbach, von Radevormwald sowie von  Langenfeld und Mönchengladbach im Rheinland. Die Hardt als Landschaftsgebiet findet man als Parkanlage in Wuppertal, als Waldgebiet im Rothaargebirge, in Karlsruhe, nordöstlich von Mühlheim in Thüringen, als Teich- und Sumpfgebiet in Sendenhorst in der Nähe von Münster, als Steinbruch in Remshagen und als „Hardthöhe“, Standort des Bundesverteidigungsministeriums auf dem Hardtberg in Bonn. – Berge mit dem Namen Hardt gibt es u. a. mehrere im Siebengebirge und im hessischen Burgwald, von denen der höchste 302 Meter hoch ist.

Ortsschild auf Fehmarn; Foto: Christian Gruber

Ein Rhade gibt es im niedersächsischen Rotenburg/Wümme und ein Wulfen liegt auf der Insel Fehmarn, wo die meisten Sonnenstunden im Jahr und in Deutschland gemessen werden. Ein weiteres Wulfen ist Ortteil der Einheitsgemeinde Osternienburger Land im Landkreis Anhalt-Bitterfeld in Sachsen-Anhalt (siehe Stadtteile in Familiennamen).

Eine Namenseigentümlichkeit ist noch bemerkenswert. Es gibt ein früher selbstständig gewesenes Dorf namens Dorste, das heute als Stadtteil zur Kreisstadt Osterode am Harz gehört. Der Name Dorste hat sich aus Dorstide, Dorstede und Dorstat entwickelt. Von Dorste aus führt eine Kreisstraße nach Wulften. Zur Verdeutlichung: Dorsten ohne -n- und Wulfen mit -t- sind keine Tippfehler (kein Anspruch auf Vollständigkeit) .

Dorsten als Geburtsstadt im Internet – oft verschwiegen  

Es gibt viele Gelegenheiten, bei denen nach dem Geburtsort gefragt wird: in Ämtern, in Banken und bei   Bewerbungen, bei Anmeldungen für Schulen und Universitäten, bei Flugreisen – und in Lebensläufen. Nicht immer sind Geburtsorte offensichtlich so wichtig – manchmal scheinbar peinlich, aus welchem Grund auch immer, wenn manche ihren Geburtsort Dorsten in ihren Lebensläufen ganz oder teilweise leugnen. Darüber gibt das Internet berede Auskunft, über die man schmunzeln darf.

Da schreibt ein in Düsseldorf zum Künstler avancierter Dorstener, er sei zwischen dem Ruhrgebiet und Holland geboren. Und eine weltbekannte Schriftstellerin hat mitunter früher angegeben, sie käme aus Recklinghausen. Kennt denn jemand irgendwo in der Welt Recklinghausen eher als Dorsten? Ein zur Weltklasse aufgestiegener Pianist, der jetzt in Hamburg wohnt, gibt Westfalen als seinen Geburtsort an und ein in Kanada lebender Dorstener sogar Düsseldorf. Die Chance, Düsseldorf eher zu kennen als Dorsten, dürfte ungleich höher sein als Recklinghausen. Als noch Ikea in Dorsten ansässig war, wussten sogar die Emsländer  notgedrungen, wo man Dorsten findet: „bei Ikea“. Aber in der Nach-Ikea-Zeit?

Unter denen, die sich zu Dorsten als Geburtsstadt bekennen, und heute in pulsierenden Städten wohnen, lassen ihre Lebensläufe etwa so beginnen: „Geboren in der verschlafenen Stadt Dorsten“, als müssten sie sich dafür entschuldigen. Fast wie um Nachsicht bittend, meint eine Malerin aus Köln, dass sie eigentlich nur zufällig in Dorsten geboren worden sei, obgleich ihre Eltern noch heute hier wohnen und immer gewohnt haben. Dann gibt es jene, die den Geburtsort in ihren Internet-Beiträgen ganz verschweigen. Sie sind einfach da – in Berlin oder Frankfurt –, als ob sie vom Himmel direkt in diese Großstädte gefallen wären und nicht den beschwerlichen Weg über den Kindergarten und die Schule von Dorsten aus genommen hätten.

Auf der Dorstener Wikipedia-Seite wird im Internet sogar ein in Dorsten-Holsterhausen geborener polnischer Ministerpräsident genannt, der letzte bis 1939, der, würde er noch leben, diesen Eintrag korrigieren würde. Denn er erblickte in einem anderen Hosterhausen, nämlich dem bei Herne, das Licht der Welt. Doch diejenigen, die den Wikipedia-Eintrag über die Stadt Dorsten geschrieben haben, halten diesen Politiker vehement als „Sohn der Stadt Dorsten“ fest, obgleich der Verfasser schon mehrmals versucht hatte, ihn von der Liste zu streichen. Bislang vergebens. – Unter den noch lebenden und echten Dorstenern gibt es auch die anderen. Eine aus Dorsten stammende und hier zur Schule gegangene Schauspielerin bekennt sich in ihrem Internet-Lebenslauf offen zu Dorsten, wenn sie schwärmt, dass sie „in der schönen Stadt Dorsten“ geboren wurde.

 

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Ein Kommentar zu Dorsten als Familienname – Auch die Stadtteile kommen vor: Harvey Lembeck in New York, Freya von Rhade in Frankfurt und Arrius von Wulfen als Computerspiel-Kämpfer

  1. WvS sagt:

    Großartige Recherche, geistreich verfasst – ein ungetrübtes Lesevergnügen, bei dem der Leser viel Wissenswertes und Vergnügliches erfährt. Und – Hand aufs Herz, wer würde freiwillig erklären, er käme aus Dorsten? Als Stadtteilbewohner erkläre ich mich immer “Nähe Borken im Münsterland” wohnend …

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