Plädoyer für den Ausstieg aus den Schweizer Franken-Krediten

von Helmut Frenzel

24. April 2015. – In der nächsten Woche tagt der Haupt- und Finanzausschuss. Auf der Tagesordnung steht die Refinanzierung eines Kassenkredits von 15 Millionen Schweizer Franken (CHF), der am 8. Mai 2015 fällig wird. Die Verwaltung schlägt vor, den Kredit als CHF-Kredit zu verlängern beziehungsweise in CHF umzuschulden, wobei die Laufzeit möglichst lang sein soll, so steht es in der Beschlussvorlage zur Sitzung.

Fehleinschätzung der Kursentwicklung führt zu riesigen Verlusten

Wer sich dazu eine Meinung bilden will, sollte die folgenden Fakten kennen. Ende 2014 hatte die Stadt Dorsten Kassenkredite von 124,7 Millionen Schweizer Franken in den Büchern. Infolge des Kursrückgangs des Euro gegenüber dem Schweizer Franken seit 2009 musste die Stadt hohe Währungsverluste hinnehmen, die sich zu Ende 2014 auf 18,4 Millionen Euro summieren. Im Januar 2015 gab es erneut einen regelrechten Kurssturz des Euro gegenüber dem Schweizer Franken. Bei der derzeitigen Kursrelation von etwa 1,04 CHF : 1 Euro steht ein weiterer Währungsverlust von 16 Millionen Euro im Raum. Bleibt es bei diesem Kurs, dann erhöhen sich die Rückzahlungsverpflichtungen für die Kredite in Schweizer Franken auf 120 Millionen Euro gegenüber 103,7 Millionen Euro Ende 2014 und die Währungsverluste steigen auf 34 Millionen Euro. Die Stadt befindet sich in der ungemütlichen Lage, dass jede Veränderung des Frankenkurses um einen Rappen (= 0,01 CHF) für sie mit einem Währungsverlust oder -gewinn von etwa 1 Million Euro korrespondiert.

Unverantwortlich hohes Kreditengagement in Schweizer Franken

Dass der Einfluss von Kursschwankungen so stark ist, liegt an der Höhe der Kredite von rund 125 Millionen CHF. Im Kreis Recklinghausen hält Dorsten den mit Abstand höchsten Anteil der Kassenkredite in Schweizer Franken und ist damit die vergleichsweise größten Risiken eingegangen. In Anbetracht der erlittenen Verluste besteht daher aller Anlass dafür, das Kreditengagement in CHF im Rahmen des Möglichen abzubauen und den jetzt fälligen Kredit in einen Euro-Kredit umzuschulden. Dafür spricht auch ein weiteres Argument: Der Haupt- und Finanzausschuss hatte vor 2009 die Aufnahme von CHF-Krediten bis zu 50 Prozent der Kassenkredite insgesamt genehmigt und eine Erhöhung 2010 ausdrücklich abgelehnt. Ende 2014 lagen die CHF-Kredite zum Kurswert am 31. Dezember mit 103,7 Millionen Euro nur noch knapp unter der vorgegebenen Grenze von 50 Prozent. Seit dem neuerlichen Kurssturz und der damit eingetretenen Erhöhung der Rückzahlungsverpflichtungen auf 120 Millionen Euro wird die Grenze von 50 Prozent deutlich überschritten. Ein Verlängerung des fälligen CHF-Kredits oder eine Umschuldung in CHF verstieße gegen den Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses.

Den Ausstieg einleiten – auch wenn es weh tut

Das alles spricht dafür, den fälligen CHF-Kredit abzulösen und in Euro umzutauschen. In dieselbe Richtung wirkt auch der Umstand, dass der frühere Zinsvorteil bei CHF-Krediten nicht mehr existiert und für die Entscheidung also keine Rolle spielt. Warum aber dann den Kredit als CHF-Kredit verlängern oder umschulden? Die Verwaltung selbst sagt, dass auch künftig unkalkulierbare Kursrisiken bestehen.

Auszug aus der Beschlussvorlage der Verwaltung zur Sitzung des Haupt- und Finanzauschusses

Sie zählt ein Dutzend Faktoren auf, die die Kursschwankungen beeinflussen und die sie kaum einschätzen kann; sie sieht, dass es noch lange dauern wird, bis die Kapitalmärkte zur Normalität zurückkehren, und kommt dann überraschend zu dem Schluss:

 „Nach Auffassung der Verwaltung ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für die Rückkehr in den Euro, da z. Z. viele negative Faktoren zusammentreffen, die den Euro schwächen.“

Aber wann ist der richtige Zeitpunkt? Das weiß niemand. Der nahe liegende Grund, warum die Verwaltung die Ablösung des CHF-Kredits hinauszögern will, ist dieser: Bei der Ablösung des 15 Millionen-Kredits würde der längst eingetretene und überwiegend schon verbuchte Währungsverlust von 4,2 Millionen Euro „endgültig und unwiderruflich realisiert.“ Davor scheut die Verwaltung zurück. Bisher hatte sie immer behauptet, es gebe keine Währungsverluste. Nun will sie Zeit gewinnen und hofft darauf, dass die Entwicklung des CHF-Kurs sich zukünftig umkehrt und so der Währungsverlust kleiner wird. Das ist nichts anderes als eine neue Runde der Spekulation. Dem darf der Ausschuss nicht zustimmen.

Es gibt nur eine verantwortbare Entscheidung: der schrittweise Ausstieg aus dem Schweizer Franken-Abenteuer. Den jetzt fälligen Kredit von 15 Millionen CHF abzulösen wäre ein Anfang. Danach hielte die Stadt immer noch Kredite in Höhe von 110 Millionen CHF. Die damit verbundenen Risiken wären selbst dann noch zu hoch. Ein Weiter-so wie bisher kann es deswegen nicht geben. Währungsverluste von über 30 Millionen Euro sind genug.

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Quelle: Beschlussvorlage der Verwaltung, Drucksache Nr. 092/15 vom 10.04.2015, zur Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 29. April 2015

 

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