Spionage macht derzeit Schlagzeilen. Spione und Überläufer gab es auch in Dorsten zu allen Zeiten im Dienste von Religion, Ideologien und Mächten – banal oder schwerwiegend, aber stets folgenreich

Von Wolf Stegemann

Was früher Männer in Ledermänteln und Schlapphüten machten, die an Hausecken standen oder sich in dunklen Hauseingängen herumdrückten, Männer und Frauen, die mit einer kleinen Minox-Kameras heimlich alles abfotografierten, was ihnen im Büro unterkam, und jener Günter Guillaume, der stets an der Seite Bundeskanzler Brandts war, nannte man Spione und ihr Handwerk, damals noch sehr manuell ausgeführt, Spionage. Heute geht und nennt man das anders: Abhören oder Abgreifen heißt es heute, ob nun das Handy der Bundeskanzlerin oder alle unsere Emails und Telefongespräche durch wen auch immer. Auch Vorratsdatenspeicherung heißt das verharmlosend. Was mit Letzterem gewollt wird, ist den meisten nicht deutlich, auf jeden Fall sind es Eingriffe in unsere Privatsphäre, die ausgespäht wird. Spione, um bei diesem Begriff zu bleiben, hat es immer schon gegeben. Auch in Dorsten. Allerdings fokussierten sie damals – im Gegensatz zu heute – ihre Neugierde auf bestimmte festumrissene Aufträge, wie jener Spion der protestantischen Hessen, den man in Dorsten den „kleinen Jakob“ nannte. Er hatte im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) den Auftrag, für die anrückenden feindlichen Hessen das katholische Dorsten auszuspionieren. Weiterlesen

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Was macht eigentlich … Heinz Wiemann? Jetzt Pensionär und früher Schulleiter in Holsterhausen, schon immer Ortschronist in Schlangen und mehrfacher Buchautor im Lipperland

Der Holsterhausener Heinz Wiemann, Ortschronist von Schlangen; Foto: Wolf Stegemann

Von Wolf Stegemann

1. August 2014 – Kennt jemand Schlangen? Ja, könnte die Antwort heißen: Würge- und Giftschlangen, Ottern, Vipern, Nattern. Doch um die geht es hier nicht, sondern um eine Gemeinde zwischen Teutoburger Wald und Senne, wobei man überlegen muss, wie die dort wohnenden oder von dort herstammenden Bürger genannt werden: Schlangeneraner oder Schlangeraner oder nur Schlangener? Nichts von dem ist richtig. Sie nennen sich Schlänger! Einer von ihnen, der dort 1938 geboren wurde, musste dies selbst erst herausfinden, als er begann, sich für die Ortsgeschichte zu interessieren. Das war vor 60 Jahren. Aber was hat das mit Dorsten zu tun? Weiterlesen

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„Lambert Lütkenhorst war ein Glücksfall für Dorsten!“ – Schönfärberei und Legendenbildung sollen davon ablenken, dass er an den Herausforderungen des Amtes gescheitert ist

Von Helmut Frenzel

25. Juli 2014. – Mit der Wahl eines neuen Bürgermeisters endete vor wenigen Wochen die 15-jährige Amtszeit des bisherigen Bürgermeisters Lambert Lütkenhorst. Da bot es sich an, Bilanz zu ziehen, denn im Rückblick über einen so langen Zeitraum erkennt man, welche Weichenstellungen und Ereignisse, aber auch welche Versäumnisse und Fehlentscheidungen die Entwicklung der Stadt in dieser Periode geprägt haben. Bei seiner Verabschiedung war davon nichts zu hören.

In der letzten Sitzung des alten Rates wurde Lütkenhorst minutenlang mit stehendem Applaus gefeiert. Er sei ein Glücksfall für Dorsten gewesen, mit Herzblut und Leidenschaft, Augenmaß und Verantwortungsgefühl, habe er sein Amt geführt, hieß es. In einem Interview sprach Lütkenhorst über sein Amtsverständnis, von schweren Entscheidungen, die zu treffen waren, und lobte sich dafür, dass das Freizeitbad blendend dastehe. Aber genügt das als Bilanz über 15 Jahre? Einen zusammen hängenden Rückblick auf diese Zeit hat es nirgendwo gegeben, auch nicht von ihm selbst, und das mag seinen Grund haben: denn der fällt keineswegs positiv aus. Lütkenhorst hinterlässt Dorsten in einem schlimmen Zustand: die Stadt überschuldet, durch die von der Landesregierung erzwungene Haushaltssanierung auf Jahre hinaus handlungsunfähig, die Einwohnerzahl und damit die Finanzkraft im freien Fall. Bürgermeister Lütkenhorst ein Glücksfall für Dorsten? Weiterlesen

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Hitler-Attentäter Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg trat in Recklinghausen in die NSDAP ein, daraufhin der Landrat zu ihm sagte: „Sie sind verrückt geworden!“

Graf Schulenburg (erste Reihe, 4. v. r. mit Hut und Akte in der Hand) vor dem Dorstener Ehrenmal. Der Regierungsassessor war ab 1930 für die Reorganisation der Kreisverwaltung mit zuständig. Mit auf dem Bild Landrat Schenking (5. v. l.) und Dorstens Bürgermeister Dr. Lürken (6. v. l.). Es ist das bis jetzt einzig bekannte Foto aus Schulenburgs Recklinghäuser Zeit.

Von Wolf Stegemann

18. Juli 2014 – In diesen Tagen jährt sich das fehlgeschlagene Attentat auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 zum 70. Mal. Unter den Männern des At­tentats war auch einer, der fast vier Jahre lang als As­sessor in der Kreisverwal­tung Recklinghausen tätig war, an der Reorganisation des Vestes großen Anteil hatte und mehrmals dienstlich in Dorsten war: Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg, ein Bruder der Ursuline und Ehrenbürgerin Sr. Paula, die von 1952 bis zu ihrem Tod im Jahr 2003 im Dorste­ner Ursulinenkloster lebte. Ihr Lieblingsbruder ver­schrieb sich noch vor 1933 in Recklinghausen den Nationalsozialisten (sein Vater war als früherer kai­serlicher General SS-Standartenführer ehren­halber) und wandte sich später vom System wieder ab. Er tat es mit der ihm eigenen Gradli­nigkeit und politischen wie persönlichen Konse­quenz. Weiterlesen

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Kriege I: Dorsten war wegen der strategischen Lage in viele Kampfhandlungen verstrickt. Die Leidtragenden waren immer die Bewohner – 14. bis 17. Jahrhundert

Preußische Husaren im 18. Jahrhundert

Von Wolf Stegemann

Vorbemerkung: Die Welt war und ist gerade auch in unseren Tagen voller Kriege und Kriegshandlungen. In diesem Jahr jährt sich zum hundertsten Mal der Beginn des Ersten Weltkriegs. Print- und Funkmedien haben dieses Thema aufgegriffen, Kunst- und Foto-Ausstellungen werden eingerichtet, Vorträge gehalten und neue Bücher veröffentlicht. Historiker sagen, dass der Erste Weltkrieg das grausame Fanal für den weitaus grausameren Zweiten Weltkrieg war. Immer wieder wird herausgestellt, dass im Ersten Weltkrieg – im Gegensatz zum Zweiten Krieg – Kriegshandlungen kaum in Deutschland stattfanden. Das stimmt. Allerdings fanden frühere Kriege immer wieder auf deutschem Boden statt, vor allem der grausame Dreißigjährige Krieg. Kriege sind immer tödlich und unnötig, ob sie in Afrika oder am Hindukusch geführt werden, auf dem Balkan oder sonst wo in der Welt. Und dann müssen sich die Angehörigen der Bundeswehr-Toten in Afghanistan fragen, für was und für wen ist unser Sohn, unser Vater unser Freund eigentlich dort gestorben? Weiterlesen

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Mord und Totschlag in Dorsten – von 1953 bis heute: Kehle durchgeschnitten, erstickt, erschlagen, erschossen, erstochen, erwürgt …

Gesammelt von Wolf Stegemann

Der Unterschied zwischen Mord und Totschlag im Strafgesetzbuch § 211 stammt noch aus der Nazi-Zeit. Er wurde von der Bundesrepublik übernommen. Wenn zum Beispiel eine Frau nach einem Ehe-Martyrium ihren Haustyrann nachts umbringt, bleibt dem Gericht kaum eine Wahl: Lebenslange Haft für einen Mord aus „Heimtücke“, obwohl dieses Urteil nicht schuldangemessen ist. Der einzige Unterschied zum Nazi-Paragraf: Keine Todesstrafe mehr, sondern lebenslange Haft. Der Druck von Justizkreisen und Anwaltverbänden auf die Regierung wächst, endlich eine Reform der Nazi-Gesetzestexte anzupacken.

Was unterscheidet den Mord vom Totschlag? Das ist beileibe nicht so klar, wie man das von Taten glauben möchte, die im Zentrum des Strafrechts stehen. Die Wahrheit ist: Der Kern des Strafrechts besteht aus problematischen Gummi- und Emotionsformeln, die auf das Jahr 1941, also auf die Nazis, zurückgehen, so Heribert Prantl in der SZ. Er schreibt weiter: Die heutige Rechtsprechung zum Mord orientiert sich immer noch, wie zu NS-Zeiten, am Leitbegriff der „niedrigen Beweggründe“, der einen Tätertyp beschreibt – den Typ des Mörders, wie ihn sich die Nazi-Juristen vorstellten und mit Wörtern wie „heimtückisch“ und „aus niedrigen Beweggründen“ beschrieben. Laien halten den Totschlag für eine Tötung im Affekt und den Mord für eine genau überlegte und planvolle Tötung. Das ist gar nicht dumm, genau dies galt nämlich bis 1941. Aber die Juristen zitieren belehrend den seit damals geltenden Paragrafen 211, an dem freilich wild herumdefiniert werden muss, um ihn rechtsstaatlich brauchbar zu machen. Handwerkszeug der Juristen ist dabei nicht selten das Synonymlexikon. Um aus einem Totschläger einen Mörder zu machen, hilft es, die Tat mit möglichst vielen hässlichen Adjektiven zu beschreiben: „verwerflich“, „verächtlich“, „auf tiefster Stufe stehend“ und dergleichen mehr. Mittels solch gesinnungsstarker Wörter macht die Strafe einen drastischen Sprung: Für „Totschlag“ gilt derzeit ein Strafrahmen von fünf bis 15 Jahren, auf „Mord“ steht lebenslang als absolut-exklusive Strafe (Auszug SZ vom 22. Dezember 2013).

1953 bis 1958 – Totschlag beim Schützenfest im Lippetal

2. November 1953: Auf der Bundesstraße 224 wird zwischen Erle und Rasfeld der 31-jährige Ludwig W. aus Altschermbeck nachts  tot aufgefunden. Die Polizei stellt fest, dass das Opfer von einem Fahrzeug angefahren und in den Straßengraben gelegt worden war. Der Fahrer begeht Fahrerflucht.

1953: Das Essener Schwurgericht verurteilte den 25-järigen staatenlosen Theodor Leschzuk aus Dorsten wegen Tötung seiner Ehefrau unter Zubilligung von mildernden Umständen zur Höchststrafe von fünf Jahren Gefängnis und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte ebenfalls für fünf Jahre. Motiv: krankhafte Eifersucht. Weiterlesen

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Erster Weltkrieg: Marine-Flieger Benno Schlüter aus Dorsten: Sein „Luftsieg“ brachte ihm 1916 den Tod in West-Flandern

Von Wolf Stegemann

In diesem Jahr jährt sich zum hundertsten Male der Beginn des Ersten Weltkriegs, der 1914 begann und rund zehn Millionen Tote forderte. Aus Dorsten fielen 352 Männer an den Fronten, darunter der Marine-Frontflieger Benno Schlüter. – Er ist der einzige Dorstener, der vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs die Prüfung zum Flugzeugführer bestanden hatte. Er war noch Schüler des Gymnasium Petrinum, als er am 7. März 1913 nach einer Prüfung das AA FAI-Patent Nr. 399 der deutschen Serie von 1905 ausgehändigt bekam. Daher gehörte der Dorstener Benno Schlüter zu den so genannten „Alten Adlern“. Das ist der Kreis von etwa 800 Männern und Frauen, die vor dem Ersten Weltkrieg die Prüfung als Piloten und Pilotinnen bestanden haben. Weiterlesen

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