Frühere patrizische Familie Rive in Dorsten: hoch angesehen, Bürgermeister, Schankwirte, Advokaten und grenzwertig blutschänderisch – Heute verstreut in ganz Europa

Von Wolf Stegemann

Das weltweite Internet-Netz hat sicher seine rechtsformalen Nachteile, aber auch seine informativen Vorteile, weil dadurch weltweit wichtige und sinnvolle Kontakte hergestellt und Informationen aufgerufen und übermittelt werden können. Dies erfahren immer wieder die Herausgeber der Dorstener Online- Dokumentationen „Dorsten-Lexikon“ und „Dorsten unterm Hakenkreuz“ wie auch des Online-Magazins „Dorsten-transparent“. Mitglieder von Familien, deren Ahnen bereits in den letzten Jahrhunderten in die USA, nach Südafrika oder nach Russland ausgewandert waren, wann und aus welchen Gründen auch immer ausgewandert waren, nehmen Kontakt mit dem Herausgeber der Dorstener Online-Dokumentationen auf, wenn sie Namen ihrer Vorfahren dort entdecken. Unlängst in den USA, in Brasilien, in Südafrika und Schweden. Auch ein direkter Nachfahre der Dorstener „Hexe“ Spikermann, die 1704 verbrannt wurde, meldete sich vor wenigen Wochen. Dieser Tage kam eine Anfrage von einem Deutschstämmigen aus Kasachstan in Russland. Der 44-jährige Sergey Rive (Bild oben) wurde dort geboren und arbeitet derzeit seine Familiengeschichte auf. Rive ist ja kein russischer Name und wer sich in der Dorstener Geschichte auskennt, für den ist der Name nicht unbekannt. Die Rives waren einst eine hoch angesehene patrizische Familie in Dorsten, stellten Bürgermeister, Ärzte, Juristen und Postmeister. Einer von ihnen zog mit Napoleon 1812 nach Russland, gilt seit der Schlacht an der Beresina 1812 als vermisst. Doch sein Name tauchte nach 1812 in einem Stargarder Lazarett auf und nach dessen Entlassung 1818 auch im nahen Danzig. Zwei Rive-Namen sind 1820 in Danzig verzeichnet: ein ehemaliger Soldat Carl Ignaz Rive und dessen Sohn Bernhard Rive. Der Vater ist namens- und berufsidentisch mit dem Dorstener und dessen Sohn hat den Vornamen seines Dorstener Großvaters. Weitere Informationen sind hier leider nicht bekannt.  Jetzt traf die Anfrage aus Kasachstan über Danziger Rives ein. Sergey Rive schrieb:

„Sehr geehrter Herr Stegemann, mit meinem Schreiben möchte ich Sie bitten mich bei meiner Angelegenheit zu unterstützen. Ich heiße Sergey Rive. Seit einiger Zeit bin ich hoch motiviert und sehr interessiert, so viel wie möglich über meine Vorfahren zu erfahren, da ich am Erstellen des Stammbaumes der Familie Rive arbeite. Bei meiner Recherche im Internet bin ich auf der Webseite der Stadt Dorsten auf den Familienname Rive gestoßen und einige Informationen über den Namen Rive gelesen. Mich würde sehr interessieren wie die Familie Rive zu Beginn des 19. Jahrhunderts aus dem Bundesland Nordrhein-Westfalen nach Danzig kam. Falls Sie Informationen über Informationsquellen, die beim Erstellen des Artikels verwendet wurden, haben, möchte ich Sie bitten diese mir zukommen zu lassen. Ich bitte sehr mein Fall zu prüfen und eine Antwort zu geben. Mit freundlichen Grüßen Sergey Rive.“

Die Familie Rive – ein Spiegelbild der sogen. Paolbürger

In diesem Zusammenhang ist ein kurzer Blick in die Dorstener Geschichten der Rives interessant, die durch Kinderreichtum zu einer der führenden Familien in Dorsten wurden. – Der Name und die Familie Rive (Ryve) waren sehr früh und am dichtesten im Raum Hellweg in Westfalen entlang der Lippe verbreitet. Dabei lassen sich zwei getrennte Familiengruppen unterscheiden, von denen die eine im östlichen Hellwegraum um Lippstadt und Werl beheimatet ist, während die andere Gruppe seit der Mitte des 14. Jahrhunderts in Recklinghausen ihren Stammsitz hatte. Der Stammbaum dieser Familie beginnt mit dem Recklinghäuser Bürgermeister Caesarius de Rype (geboren um 1370). Die Rives waren Bürgermeister, Ratsschöffen, Zunftmeister, Zolleinnehmer und  Kaufleute.
Der erste Rive mit Dorstener Bezug war Johann, Sohn des Johann Ryve (um 1525 bis etwa 1599), der in Recklinghausen u. a. Landbesitzer und Rektor des Heilig-Geist-Spitals war. Sein Sohn Johann (um 1550/55 in Recklinghausen bis 1616 in Dorsten) war in Dorsten Goldschmied und als solcher 1576 als Meister urkundlich erwähnt. In erster Ehe war er um 1576 mit der Recklinghäuserin Catharina Kremer verheiratet (um 1555 in Recklinghausen bis etwa 1581 in Dorsten); die Ehe blieb kinderlos. In zweiter Ehe war er vermählt mit der Dorstenerin Sophia Bierboem. Auch diese Ehe blieb vermutlich kinderlos. Erst später siedelte sich in den 1680er-Jahren mit Johannes Rive (1652 in Horneburg bis 1731 in Dorsten) ein Zweig der Familie in Dorsten an und begründete die Dorstener äußerst kinderreichen Rive-Familien. Damit begann ein neuer Abschnitt in der Familiengeschichte.

Bürgermeister und Armenprovisor in Dorsten

Johannes Rive studierte Rechtswissenschaft in Köln, promovierte, wurde Advocatus Fisci und Assessor am kurfürstl.-kölnischen Hohen Gericht in Dorsten. Von 1688 bis 1694 und von 1704 bis 1712 war er zweiter Bürgermeister in Dorsten, von 1712 bis 1731 erster Bürgermeister, dann Armenprovisor. Er besaß das Haus Markt Nr. 6, die Gastwirtschaft „Zum Löwen“, die er von seinem Schwiegervater Heinrich Deitermann übernahm. 1728 kaufte er den Fronhof bei Dorsten vom Stift Xanten. Das Ehepaar hatte zehn Kinder, die Richter, Kaufleute, Nonnen und Priester wurden. Dem Horneburger Familienstamm angehörig, begründete er den älteren Dorstener Unterstamm. Bedingt durch Kinderreichtum stiegen die Rive-Familien durch Verehelichungen rasch zu einer der führenden Familien in Dorsten auf. Doch in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts konnte schon keine Ehe mehr geschlossen werden, die nicht wegen Blutschande des kirchlichen Dispenses bedurft hätte. Mehrfach wurden Versippungen mit den Altdorstener Familien de Weldige-Cremer, Reckmann, Wesener, Cremer, Jungeblodt und von Wieck eingegangen, mit denen man zum Teil schon versippt war. Dieser geschlossene Hochzeitskreis ließ kaum eine namhafte Dorstener Familie unberührt.

Im engen Hochzeitkreis immer wieder inzestuöse Ehen

Etliche Ehen der Familie Rive und der mit ihr verbundenen anderen Familien betrieben Blutschande und wurden annulliert. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts löste sich dieser enge Hochzeitskreis unter den Altdorstener Familien auf. Heute gibt es in Dorsten zwar keine Rives mehr, aber noch die von Ignaz Rive gegründete Rive-Familienstiftung. Rive-Familien sind noch im Rheinland, in Freiburg und in den Niederlanden zu finden. Ein Sohn des Dorsteners Joseph Anton Rive, Friedrich Rive (1786 bis 1866), begründete die österreichische Linie, meist Militärs, und erhielt das erbliche Adelsprädikat „Rive von Westen“. Diese Familie erlosch Anfang des 19. Jahrhunderts in Graz und im ungarischen Hermannstadt (heute Rumänien). Das Heiraten innerhalb der Blutsverwandten war in der Familie Rive – wie in anderen Dorstener patrizischen Familien – keine Seltenheit, wie einige Beispiele zeigen: Maria Susanna, die Tochter von Wilhelm Rive, heiratete 1794 mit Dispens Adolf von Wieck, einen Blutsverwandten 2. Grades. – Wilhelm Rive heiratete 1808 seine Blutsverwandte 4. bzw. 3. Grades, Mechthild Wehling, und benötigte dazu einen Dispens. – Maria Catharina Rive heiratete mit Dispens in zweiter Ehe 1779 Bernhard Gahlen, einen Blutsverwandten 3. Grades. – Bernhard Rive benötigte einen Dispens, weil er 1788 die Blutsverwandte 3. und 4. Grades, Carolina Reckmann, heiratete. Das Foto zeigt eine Familiengrabstätte auf dem Dorstener Friedhof.

Bis heute aktuell: „Ignatz-Rive’sche-Familienstiftung“

1841 begründete der Dorstener Hermann Bernhard Ignaz Goswin Rive die „Ignaz Rive’sche Familienstiftung“. Er verstarb kinderlos. Aufgrund seiner Willenserklärung in seinem Testament wurde die Stiftung nach seinem Tod errichtet und nach der Genehmigung durch König Friedrich Wilhelm von Preußen und der gerichtlichen Verlautbarung und Bestätigung des Testaments wirksam. Er verfügte, dass sein gesamtes Vermögen ungeteilt bleiben und unter öffentliche Verwaltung gestellt werden sollte. Die Erträge wurden unter den bedürftigen Anverwandten seiner Familie verteilt, wobei er testamentarisch eine Rangordnung festgelegt hatte. Zunächst sollten die Erträge den Bedürftigen aus beiden Familien zugute kommen. Das waren seine vier Brüder und die Geschwister seiner verstorbenen Frau Clara Cremer und deren Nachfahren. Darunter verstand Rive aber auch diejenigen Verwandten, die zu ihrer anständigen und sparsamen Lebensweise oder zur Erziehung und Ausbildung ihrer Kinder finanzielle Unterstützung bedurften. Erst danach sollten die Erträge „dem allgemeinen städtischen Armenfonds zufließen“. Die Verwaltung des Vermögens und die Verteilung der jährlichen Revenuen übertrug der Stifter dem Armenvorstand in Dorsten unter Zuziehung von vier, durch den städtischen Gemeinderat zu benennenden, männlichen Mitgliedern aus den Familien Rive und Cremer. Das Vermögen des Stifters muss recht groß gewesen sein. Noch heute verfügt die „Ignaz Rive’sche Familienstiftung“ über erheblichen Grundbesitz. Viele Jahre wurde die Stiftung von der Stadt Dorsten verwaltet. Heute wird sie – gemäß der aktuellen Rechtslage in NRW – als selbstständige Stiftung geführt und von der Kirchengemeinde St. Agatha betreut. Familienmitglieder, die ihre Verwandtschaft nachweisen können, haben die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen Beihilfen und Zuschüsse z. B. für ein Studium zu erhalten. Beispielsweise hat die Stiftung 2004 Überschüsse in Höhe von über 26.200 Euro ausgeschüttet. Bedacht werden neben Familienmitglieder soziale Projekte und Wohlfahrtsverbände.

Prominente Familienmitglieder (Auswahl)

 Johann Goswin Rive (I) – Bürgermeister und Schankwirt: 1696 in Dorsten bis 1762 ebd.; Jurist, Bürgermeister und Schankwirt. – Er begründete den jüngeren Dorstener Unterstamm der Rive-Familie. Sein in Horneburg geborener Vater Johann Rive kam 1681 nach Dorsten und heiratete Elisabeth Deitermann. Johann Goswin studierte Jura in Duisburg, promovierte und wurde Advokat in Dorsten. Seit 1730 war er Bürgermeister, zweiter Bürgermeister in den Jahren 1738/42 und 1755/58, erster Bürgermeister wieder 1743/45 und seit 1759 Stadtrentmeister. Somit ist er auch in die politischen Fußstapfen seines Vaters getreten, der ebenfalls mehrmals Bürgermeister in Dorsten gewesen war (siehe Johann Rive). Er wohnte in Dorsten am Markt 6 im Hause der Gastschänke „Zum Löwen“. 1726 wollte er die Blutsverwandte 3. bzw. 4. Grades, Maria Clara Antoinetta Koel, heiraten. Deshalb beantragte er beim Papst Dispens vom Ehehindernis, die ihm der Kölner Generalvikar auch erteilte. Zur Ehe kam es allerdings nicht. Stattdessen heiratete er acht Jahre später Maria Anna Heyer (1712 bis 1794). Das Ehepaar hatte zehn Kinder. Zwei von ihnen benötigten zur Verheiratung wegen Blutsverwandtschaft einen kirchlichen Dispens.
Das Heiraten innerhalb der Blutsverwandten war in der Familie Rive (wie in anderen Dorstener patrizischen Familien) keine Seltenheit, wie einige Beispiele zeigen: Maria Susanna, die Tochter von Wilhelm Rive, heiratete 1794 mit Dispens Adolf von Wieck, einen Blutsverwandten 2. Grades. – Wilhelm Rive heiratete 1808 seine Blutsverwandte 4. bzw. 3. Grades, Mechthild Wehling, und benötigte dazu einen Dispens. – Maria Catharina Rive heiratete mit Dispens in zweiter Ehe 1779 Bernhard Gahlen, einen Blutsverwandten 3. Grades. – Bernhard Rive benötigte einen Dispens, weil er 1788 die Blutsverwandte 3. und 4. Grades, Carolina Reckmann, heiratete.

Bernhard Ignaz Rive – Mit Carolina Reckmann zehn Kinder: 1762 in Dorsten bis 1849 ebd.; Kaufmann, Landwirt und Mühlenpächter. – Er war der Sohn von Ignaz Rive (1727 bis 1773), dem Gründer der Ignaz’schen Hauptastes der Familie, der in Dorsten Kurfürstlich-kölnischer Postmeister und 1762/73 Bürgermeister war. – Bernhard Rive wurde Kaufhändler und Mühlenpächter sowie Kirchenprovisor in Dorsten, dann Landwirt in Gahlen. Er lebte in Dorsten und war verheiratet mit Carolina Reckmann (Silhouettenbilder). Wegen Blutsverwandtschaft des 3. und 4. Grades benötigten die Brautleute vor ihrer Hochzeit im Jahre 1788 einen kirchlichen Dispens. Das Paar hatte zehn Kinder. Ein Sohn, Carl Ignaz Rive (1771, 1812 als vermisst gemeldet, offensichtlich aber nach 1812 noch lebend) war Korporal im 4. westfälischen Infanterie-Regiment, das mit Napoleons Großer Armee nach Russland zog. Er wurde nach der Schlacht an der Beresina vermisst. Neue Erkenntnisse lassen darauf schließen, dass er nach 1812 in Stargard lebte und einen Sohn namens Bernhard Rive hatte.

Joh. Goswin Rive (II) – Monströses Grabmal: 1765 in Dorsten bis 1830 ebenda; Direktor des Ursulinenklosters. – Er war der Sohn des Kaufmanns Johann Wilhelm Rive (1736 bis 1788) und dessen Ehefrau Anna Susanna Elisabeth Peus (1742 bis 1825). Er hatte noch vier Brüder und vier Schwestern. 1787 erhielt er die Priesterweihe in Köln und war Vikar und Kaplan in Dorsten. 1819 wurde er „Direktor und geistlicher Kommissar der weiblichen Erziehungsanstalt der Ursulinen zu Dorsten“. Rive starb 1830. Kloster, Stadt und Regierung beklagten den schweren Verlust. Die Franziskaner verfassten den Totenzettel, denn Rive wurde auch im Franziskanerkloster als „geistlicher Vater“ betrachtet. Einen ausführlichen Nachruf als vortrefflicher Pädagoge erhielt er im Amtsblatt der Regierung. Die Ursulinen beauftragten den Bildhauer Stracke mit der Schaffung eines monströsen Denkmals, das am 5. Mai 1831 im Binnenhof des Klosters aufgestellt wurde (Abbildung). Während des „Kulturkampfes“ wurde das Rive-Denkmal 1876, als die Schwestern das Haus verlassen mussten, auf sein Grab im öffentlichen Friedhof an der Bovenhorst überführt. Bernhard Urban von Wieck, Kaplan in Buer, gab nach Rives Tod eine Sammlung von Predigten und Grabreden Goswin Rives mit dem Titel „Kleiner Nachlass aus dem seelsorgerlichen Wirken des verstorbenen Johann Goswin Rive“ heraus, das 1831 in der Coppenrath’schen Buch- und Kunsthandlung in Münster erschienen ist.

Joseph Rive – Landgerichtsdirektor in Trier :1771 in Dorsten bis 1864 in Düsseldorf; Landgerichtsdirektor und Ehrenbürger. – Auch er war Jurist, wie es sich für einen Rive gehörte, der nicht Priester werden wollte. Die Stadt Dorsten machte den hochverdienten Juristen zu seinem 50. Dienstjubiläum 1846 zum Ehrenbürger und die Universität Bonn verlieh ihm den Ehrendoktortitel; 1851 wurde er mit dem Roten Adlerorden II. Klasse mit Eichenlaub geehrt. Er gehörte dem Ignaz’schen Hauptast der Rives an. Seine Eltern waren Ignaz Rive und Maria Antoinette de Weldige-Cremer. Der Vater war Kurfürstlich-kölnischer Postmeister und 1762/73 Bürgermeister in Dorsten. Er hatte noch vier Brüder. Der älteste gründete testamentarisch 1841 die „Ignatz Rive’sche Familienstiftung (siehe dort). Joseph Rive studierte Rechtswissenschaft in Bonn (1791), in Jena (1794) und in Göttingen (1795) und wurde 1806 Kürfürstlich-kölnischer Hof- und Regierungsrat in Dorsten, 1822 Königlich-preußischer Appelationsrat in Köln und danach Geheimer Oberjustizrat und Landgerichtspräsident in Trier. Einer seiner Richter am Landgericht Trier war des Dichters Friedrich Schillers jüngster Sohn Ernst Schiller. Joseph Rive schrieb Bücher über Rechts- und Heimatgeschichte.

Franz Wilhelm Rive – Postmeister in Dorsten: 1776 in Dorsten bis 1847 ebd.; Postmeister. – Er gehörte dem Wilhelminischen Hauptlast der Dorstener Ries an. Bis 1802 war er kürfürstlich-kölnischer und fürstbischöflich-münsterscher Postmeister, danach kgl.-preußischer Postwärter, diente dann als Großherzoglich-Bergischer Postmeister den Franzosen und dann wieder den Preußen. Von 1816 bis 1840 war er kgl.-preußischer Postmeister mit Haus und Posthalterei auf der Lippestraße 298. Verheiratet war Franz Wilhelm Anton Maria Rive seit 1818 mit Anna Mechthild Colestina Magdalena Wehling (1780 bis 1829 in Aachen). Für diese Heirat erhielt er wegen Blutsverwandtschaft päpstlichen Dispens. Das Ehepaar hatte sechs Kinder, darunter Johann Goswin Rive (siehe dort), geistlicher Kommissar des Ursulinenklosters in Dorsten. Nebenbei betrieb Franz Wilhelm Rive, der mit 40 Postpferden aufwarten konnte, die familieneigene Gastwirtschaft „Zum Löwen“ am Markt 6. 1840 ging er in den Ruhestand und starb 1847 im Alter von 71 Jahren. Nach seinem Tod wurde die Posthalterei vom Postamt getrennt.

Dr. med. Franz Rive – Spezialist der Cholera-Bekämpfung:  1804 in Dorsten bis 1873 in Amsterdam; Arzt. – Durch seine Niederlassung in Amsterdam begründete er den Niederländischen Hauptzweig der Familie Rive, von dem dann der  s’Gravenhager und der Utrechter Zweig abspalteten. Er studierte Medizin in Bonn und  Utrecht. Noch als Student wurde er zu einer Cholera-Bekämpfung nach Amsterdam gerufen. Ein Jahr später promovierte Franz Rive in Utrecht zum Dr. med. Seine Dissertation widmete er dem Thema „De cholera asiatica“. Danach übersiedelte er nach Amsterdam und ließ sich als praktischer Arzt nieder. Franz Rive heiratete 1840 in Köln Margaretha Fuchs (1819 in Paramaribo in Suriname bis 1899 in Bonn). Das Ehepaar (Abbildung) hatte sieben Kinder, von denen zwei Söhne Mediziner wurden, ein anderer Staatsrechtler an der Universität Utrecht und wiederum ein anderer Pianist in Utrecht.

Ignaz Goswin Rive – zwei kinderlose Ehen, Stiftungsgründer:1764 in Dorsten bis 1841 ebenda; Zolldirektor. – Sohn des kurfürstlich-kölnischen Postmeisters Ignaz Wilhelm Hermann Rive (1727 bis 1773) in Dorsten. Er trat in die Dienste der kurkölnischen Regierung und wurde kürfürstlich-kölnischer Hofkammer-Rat und vestischer Zolldirektor in seiner Heimatstadt. Als das Vest preußisch wurde, reiste er 1815 zur Erbhuldigung des Königs nach Berlin. Danach bekam er den Posten des preußischen Steuereinnehmers und 1818 den des Domänenrentmeisters in Dorsten und wurde kgl. Kommissar des Ursulinenklosters. Seine zwei Ehen blieben kinderlos. Daher gründete der Witwer die heute noch bestehende „Ignaz Rive’sche Familienstiftung“ (Abbildung oben im Absatz Rive-Stiftung).

Bernhard Rive – Während des Kulturkampfes nach Holland verbannt: 1824 in Dorsten bis 1884 in Gemmenich (NL); Jesuit und Dogmatiker. – Er  war der Sohn des Dorstener Bankiers Bernhard Joseph Franz Rive (1779 bis 1848). Bernhard Rive jun. hatte noch drei Geschwister und einen Bruder sowie einen Halbbruder aus der ersten Ehe seines Vaters. Er studierte Theologie in Münster, erhielt 1848 die Priesterweihe in Münster, wurde Vikar in Ostenfelde (Kreis Warendorf) und in Stromberg (Kreis Beckum) und trat 1851 in das Noviziat des Jesuitenordens auf der Friedrichsburg in Münster ein. Danach predigte Pater Bernhard Rive in Trier und Aachen, wurde Domprediger in Paderborn und Münster und 1859 am Dom zu Köln. Im Zuge des Kulturkampfes wurde Pater Bernhard Rive 1872 aus Deutschland verbannt und lebte bis zu seinem Tod in Belgien bzw. Holland.

Prof. Friedrich Rive – Rechtswissenschaftler: 1831 in Dorsten bis 1907 in Essen-Kettwig; Rechtswissenschaftler. – Der Sohn von Hermann Rive und dessen Ehefrau Josepha Rive, auch eine geborene Rive, begründete durch seine Niederlassung in Freiburg (Breisgau) den Freiburger Zweig der Dorstener Familie Rive. Er studierte Rechtswissenschaft in Bonn, promovierte und wurde Privatdozent an der Universität Breslau und darauf ordentlicher Professor für Deutsches Recht und Steuerrecht in Breslau. 1868 wechselte er zur Universität Freiburg und heiratete ein Jahr später die aus Minden stammende Anna Freiin von Elmendorff (1849 bis 1897). Das Ehepaar hatte drei Kinder. Friedrich Rive verfasste mehrere Schriften.

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Quellen: Ausführlichere  Einträge über die Familie Rive und einzelner Familienmitglieder und Quellenhinweise in www.dorsten-lexikon.de, Stichwort Rive
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Ein Kommentar zu Frühere patrizische Familie Rive in Dorsten: hoch angesehen, Bürgermeister, Schankwirte, Advokaten und grenzwertig blutschänderisch – Heute verstreut in ganz Europa

  1. Eddy ter Braak sagt:

    Mein Herr, Ich beschäftige mich in Lochem mit einem Dr. Johan Frans Rive (Dorsten 1780 – Lochem 1861), Nachkomme von Johann Rive, jur. (1652-1731) Bürgermeister von Dorsten. In Ihrem Bericht ist angegeben, dass Johann Rive in Köln Rechtswissenschaft studiert hat und dort auch promovierte. Aber im Album Promoticum van de Academie van Harderwijk steht, dass er den 7 November 1683 im Harderwijk promovierte:

    1683 7 novemb. Johannes Rive, Hornenburgio Westphalus, ,j.., exposuit L. 31 pr. ff de reg.jur. et L. ult. C. de temp. in integr. Rest., defenit theses aliquot de locatione et emphyteusi. Promotor et assesores ut supra.

    Ist das Ihnen bekannt?
    Anmerkung der Redaktion: Nein, es war mir nicht bekannt. Vielen Dank für Ihre Information! Sehr freundlich! Wolf Stegemann

    Herzliche Grüsse,
    Eddy ter Braak

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