Friedhöfe sind nicht nur die letzte Ruhestätte des Menschen, sondern auch bedeutende Grünanlagen, die es zu erhalten gilt – beigesetzt werden sowohl Särge als auch Urnen

Marienfriedhof

Von Wolf Stegemann

13. Juli 2021. – In den letzten Tagen rückte der ehemalige Kirchfriedhof an der Agathakirche wieder in die Erinnerung der Öffentlichkeit, weil dort der auf dem Marktplatz abgebaute Tisa-Brunnen als Replik wieder aufgebaut werden soll. Auf der Überpflasterung eines aufgegebenen Friedhofs. Das mag seine Kritiker finden. Noch bis vor Jahren war dies auf dem Kirchplatz nicht erlaubt. Denn auch aufgehobene Friedhöfe sind für viele Menschen und Kirchengemeinden immer noch unantastbar. In Dorsten offensichtlich nicht mehr.  – In heidnischer Zeit wurde in der Region feuerbestattet. Zwischen den Bauerschaften Wenge und Sölten ist 1888 ein Hügel umgegraben worden, in welchem sich 60 Urnen mit verbrannten Knochen befanden. In christlicher Zeit wurde auf dem Kirchplatz beerdigt, weil die Kirchen meist an der Stelle ehemaliger heidnischer Kultstätten erbaut waren. Der Kirchhof diente auch Gerichtssitzungen und wurde wegen seiner Umfriedung Friedhof genannt. In Dorsten war anfangs der Kirchplatz an der Agathakirche der Begräbnisort. Einige Familien hatten Anspruch darauf, in der Kirche selbst bestattet zu werden. Für sie beschloss der Rat 1781 unter dem Mittelgang der Agatha-Kirche ein Gewölbe anzulegen. 1746 erhielt der Totengräber für eine Beerdigung in der Kirche 40 Stüber, für ein Kind, das noch nicht zur Kommunion gegangen war, 7 ½ Stüber.

Tote Dorstener Soldaten wurden auch in der Kirche bestattet

Die in Fehden und Kriegen für Dorsten gefallenen Nichtdorstener, auch Fremde, die hier verstarben, bestattete man auf einem Platz im Süden außerhalb der Mauern. Die sechs bei dem siegreichen Gefecht 1382 getöteten Merfelder, wurden dort „vor dem Nikolausbilde“ begraben, während die acht gefallenen Dorstener auf dem Platze an der Kirche in der Stadt beerdigt wurden. Deshalb musste die Prozession am Vorabend der „Streitfeier“, die aus Anlass dieses siegreichen Kampfgeschehens jährlich stattfand, „to Grave ghaen eyrsten [erstens] by den Dodengrave vor Sunte Nicholas Belde und dar (dann) ume den Kerichoeff“. Später führte besonders die Vielzahl der Toten der hessischen Besatzung und der kaiserlichen Belagerung Dorstens während des Dreißigjährigen Kriegs zur Benutzung dieses Platzes im Süden der Stadt, für den sich damals der Name „Soldatenkirchhof“ einbürgerte. Die letzte Beerdigung neben der Agathakirche fand 1784 statt, dann wurde der Friedhof infolge kurfürstlicher Verordnung geschlossen:

„Liebe Getreue! Da wir gnädigst gemeint sind, euch nicht allein die Beerdigung der Todten in den Kirchen zu verbieten, sondern auch die Kirchhöfe außerhalb denen Städten verlegen zu lassen; So habt Uns ihr eueren gehorsamsten Bericht darüber ehestens gehorsamst zu erstattet, welcher Platz hierzu für dasige Stadt am tauglichsten seye? Wir verbleiben euch mit Ganden gewogen. Gegeben Bonn, den 10ten Brachmondes, 1785. Aus sonderbarem Seiner kurfürstl. Durchlaucht gnädigstem Befehl.“

Fortan durfte nur noch auf dem alten schon auf dem Merian-Stich von 1647 abgebildeten „Soldatenkirchhof“ außerhalb der Stadt beerdigt werden, der somit Gemeindebegräbnisplatz wurde. Dieser historisch wertvolle Friedhof wurde 1975 für den Straßenbau und den Bau des Jugendheims Altstadt an der Bovenhorst (Fotos) aufgehoben, planiert und überbaut. In der Bauphase stiegen Kinder in die Grüfte und holten Knochen und Totenköpfe heraus, fanden alte Uniformknöpfe und Gürtelschnallen. Heute gibt es noch einen kleinen Rest des später erweiterten Friedhofs zwischen. Häusern versteckt sowie das Bedauern der damals Verantwortlichen, diesen stadtgeschichtlich wertvollen Ort vernichtet zu haben. Der verstorbene Stadtdirektor Dr. Zahn bekannte sich in den letzten Jahren zu diesem „großen Fehler“.

Die Dorstener Friedhöfe und Begräbnisstätten heute

Die sechs städtischen Friedhöfe von Dorsten umfassen eine Gesamtfläche von ca. 24 ha und werden zentral verwaltet. Die Friedhofsverwaltung organisiert u. a. die Zulassung von Grabmalen, die Pflege der Friedhöfe sowie den Betrieb der Trauerhallen und Friedhofskapellen. Die Friedhöfe sind nicht nur die letzte Ruhestätte des Menschen, sondern auch bedeutende Grünanlagen, die es zu erhalten gilt. Beigesetzt werden sowohl Särge als auch Urnen. Die Bestattungsarten sind vielfältig: Von Reihengrabstellen über Urnengräber und Baum- und Rasengräbern bis hin zu Familiengrabanlagen.
Die Kosten für die Grabnutzungsrechte von Gräbern auf den Friedhöfen in Dorsten richten sich nach der Nutzungszeit und der Grabart, die durch die Angehörigen ausgewählt wird. Grundsätzlich ist bei kleinen Urnengräbern mit den geringsten Kosten zu rechnen, wobei im Gegensatz dazu die Kosten für große Familiengräber und Gruften am höchsten zu Buche schlagen. Bei einer Nutzungsdauer von 25 Jahren ergeben sich für das Grab für eine Erdbestattung mit Sarg Preise von 1.050 bis 3.950 Euro und für das Grab für eine Urnenbestattung 970 bis 3.800 Euro. Die Gebühren für die Bestattung und Beisetzung auf den Friedhöfen in Dorsten betragen für die Sargbeisetzung ab 410 Euro und für die Urnenbeisetzung ab 140 Euro.

Städt. Friedhöfe in Wulfen, Holsterhausen, Hervest, Hardt und Altendorf

Waldfriedhof Tüshausweg in Holsterhausen: Der Friedhof liegt am Tüshausweg, nördlicher Ortsausgang an der B 224, im Ortsteil Holsterhausen. Er ist der größte Kommunale Friedhof in Dorsten. Im Laufe der Jahre wurde der Friedhof auch in westlicher Richtung erweitert. Neben den Erd- und Urnengrabstätten ist nur auf dem Waldfriedhof eine anonyme Erd- und Feuerbestattung möglich. Auf dem Friedhof sind neben der Trauerhalle auch fünf Aufbahrungsräume vorhanden. Dazu kommt noch eine Kühlzelle. Eine ältere elektronische Orgel kann in Betrieb genommen werden. Auf der anderen Straßenseite (gegenüber dem früheren Haupteingang) sind die Soldatengräber der Russen (Russen-Friedhof). Waldfriedhof Schultenfeld in Wulfen-Barkenberg: Wie der Name aussagt, liegt der Friedhof im Wald in Wulfen-Barkenberg. Er wurde in den 1970er-Jahren von Prof. Heiss, Wien, unter Zugrundelegung einer weit höheren Einwohnerzahl als der heutigen als Waldfriedhof mit einer Gesamtfläche von etwa 20 ha konzipiert. Das bisher ausgebaute Friedhofsareal ist jedoch nur ca. 3,5 ha groß. Viele alte Bäume stehen zwischen den Gräbern. Ein Gang neben der Trauerhalle führt zu fünf Aufbahrungsräumen, die durch eine Schiebetür zugänglich sind. Die Trauerhalle ist ausgestattet mit einem Ambo, einer kleinen Orgel und einer Glocke.
Friedhof Glück-Auf-Straße in Hervest: Der Friedhof liegt im Wohngebiet an der Glück-Auf-Straße in Hervest-Dorsten. Auf dem vorderen Teil des Friedhofes steht eine Trauerhalle. Hinter der Halle sind im Laufe der letzten Jahre neue Grabflächen dazugekommen. Die Trauerhalle ist ausgestattet mit Orgel, Ambo. Der Friedhof hat Wahlgrabstätten, Reihengrabstätten für Erd- und Feuerbestattungen, wie auch Kindergräber.
Friedhof Riedweg (Marienfriedhof) in Hervest: Der Friedhof am Riedweg war früher der Friedhof der Pfarrgemeinde St. Marien in Hervest. Er wurde später an die Stadt Dorsten abgegeben. Es ist ein kleiner Friedhof, der 2002 erweitert wurde. Die Trauerhalle, ausgestattet mit einer Orgel, ist klein und hat auch nur einen Aufbahrungsraum. Die Abbildung zeigt das Erinnerungsmal im Friedhof an die Toten der beiden Weltkriege: „Dann werden Schwerter zu Pflugscharen.“ (Foto: Matthias Overath)
Friedhof an der Plaggenbahn in Dorsten-Hardt: Der neueste Friedhof der Stadt Dorsten liegt auf der Hardt. Er wurde am Ende der Straße Plaggenbahn im Jahr 1988 eröffnet. Die Friedhofshalle ist später gebaut worden und hat 60 Sitzplätze. In der Halle sind zwei Aufbahrungsräume vorhanden. Der Friedhof wurde 2003 erweitert und kann bei Bedarf in einigen Jahren noch einmal erweitert werden. Die Halle ist ausgestattet mit Ambo und Orgel. Die Bevölkerung des Stadtteils Hardt hat jahrelang für den Bau der Trauerhalle gekämpft. Eine zu diesem Zweck gegründete Interessengemeinschaft hat durch Spenden 20.000 DM für die Ausstattung aufgebracht. Die Trauerhalle konnte 1998 eingeweiht werden.
Friedhof in Altendorf-Ulfkotte: Der früher zu Marl gehörende Stadtteil hat einen eigenen Friedhof mit Trauerhalle und zwei Aufbahrungsräumen. Die Erweiterung und Umgestaltung des Vorplatzes fand vor einigen Jahren statt.

Konfessionelle Friedhöfe der Kirchengemeinden

Kath. Friedhof St. Agatha an der Gladbecker Straße: Der Friedhof an der Gladbecker Straße gehört zu den großen privaten Friedhöfen in Dorsten. Der südlich der Feldhausener Straße gelegene Teil gehört der katholischen Kirchengemeinde St. Agatha. Der Teil nördlich gehört der evangelischen Kirche. Verwaltet wird der Friedhof von der Zentralrendantur in der Altstadt. Unterhalten wird er von einem Friedhofsgärtner der vertraglich mit der Kirche zusammenarbeitet. Die Trauerhalle ist ausgestattet mit Ambo, Glocke und Orgel. Es gibt katholische und evangelische Gesangbücher. Der Trauerhalle sind fünf Aufbahrungsräume angeschlossen. Beigesetzt werden Verstorbene der drei Hauptgemeinden St. Agatha, St. Johannes und St. Nikolaus. Der Friedhof wurde mehrmals erweitert. Es gibt nur Wahlgrabstätten und Reihengrabstätten für Erdbestattungen. Es dürfen allerdings zwei Urnen in einer Wahlgrabstätte beigesetzt werden. Die Nutzungsdauer auf diesem Friedhof beträgt 30 Jahre, die Ruhefrist 25 Jahre. Hervorzuheben ist, dass in dem Feld der Kindergräber regelmäßig die Beisetzungen der Fehlgeburten aus dem Krankenhaus Dorsten stattfinden. Ein besonderer Gedenkstein wurde dort aufgestellt. In der Mitte des Friedhofes gibt es besondere Gemeinschaftsgrabanlagen. Um das große Kreuz herum haben Priester aus der Gemeinde St. Agatha ihre letzte Ruhestätte. Dahinter sind Grabstätten der Franziskanerinnen, der Ursulinen und der Franziskaner die in Dorsten in Ordensgemeinschaften gelebt haben.
Evang. Friedhof an der Gahlener Straße der Altstadtgemeinde: Die evangelische Johannes-Gemeinde in der Dorstener Altstadt hat ihren Friedhof ebenfalls an der Gladbecker Straße, neben dem Katholischen Friedhof der Pfarrgemeinde St. Agatha. Der Friedhof selbst hat keine Gebäude, deshalb werden die Trauerhalle und Aufbahrungsräume des Katholischen Friedhofes mitbenutzt. Die Verwaltung des Friedhofs hat das Gemeindebüro am Platz der Deutschen Einheit. Die Nutzungszeit beträgt 30 Jahre. Der Friedhof wird von einer Friedhofsgärtnerei für die Gemeinde unterhalten, die auch die Grabstellen für eine Beisetzung herrichtet.
Kath. Friedhof St. Paul in Hervest-Dorf:  Der kleine Friedhof am Ende der Glück-Auf-Straße hat keine Trauerhalle und keine Aufbahrungsräume. Traditionell erfolgt die Beisetzung vor dem Trauergottesdienst, der in der St. Paulus Kirche gehalten wird.
Kath. Friedhof St. Antonius in Holsterhausen-Dorf: Auf dem Friedhof an der Hagenbecker Straße ist kein Gebäude für die Aufbahrung oder die Trauerfeier. Die Gemeinde hat an der Kirche zwei einfache Aufbahrungsräume im Kirchturm der Kirche. Der Friedhof hat im Eingangsbereich inzwischen einen gepflasterten Platz auf dem einige Stelen aufgestellt wurden. Alle Wege zwischen den Grabreihen sind in letzter Zeit mit Platten versehen worden. Seit 2021 können dort offiziell auch Evangelische beerdigt werden.
Kath. Friedhof St. Matthäus in Alt-Wulfen: Am Kottendorfer Feld liegt der alte und neue Teil des Friedhofs. Auf dem neuen Teil sind Aufbahrungsraume für Verstorbene und eine Halle für Trauerfeiern. Der älteste christliche Friedhof lag wie damals allgemein üblich Jahrhunderte auf dem Platz um die Kirche herum. Seine Größe gibt gut der Dorfplan von 1796 wieder. 1818 wurde von der Regierung in Münster angeordnet, dass neue Begräbnisplätze außerhalb geschlossener Ortschaften anzulegen sind. 1831 wurde der Friedhof an der Hervester Straße / Im Wauert in Benutzung genommen und bis 1926 belegt. Heute ist dort eine Grünanlage. Ein altes denkmalgeschütztes Steinkreuz erinnert an die frühere Funktion. Aufgrund des Bevölkerungswachstums sollte der alte Friedhof vergrößert werden, was wegen zu hohen Grundwasserstandes verworfen wurde. Ein ganz neuer Friedhof wurde 1926 nordwestlich des Dorfes „Auf der Vorderey“ angelegt. Durch das rasche Wachstums Wulfens waren Erweiterungen 1970, 1981 und 1983 erforderlich. Eine Bestattungskapelle wurde 1953 und eine weitere 1989 auf der anderen Straßenseite errichtet. Da sie sehr klein waren, wurde 2004 eine neue lichtdurchflutete Trauerhalle mit 70 Plätzen errichtet. Gemeindeglieder und Verstorbene der evangelischen Kirche aus Wulfen können auf dem Friedhof beigesetzt werden.
Kath. Friedhof in Deuten: Zuständig für diesen Friedhof ist die Kirchengemeinde St. Matthäus in Wulfen. Der Friedhof hat keine Trauerhalle und keine Aufbahrungsräume. Er liegt hinter den Bahnschienen an der B 58.
Kath. Friedhof St. Laurentius in Lembeck: Er liegt am Bodelschwingweg. Es gibt eine große Trauerhalle und Aufbahrungsräume. Der Friedhof wird auch von der evangelischen Kirche benutzt.
Kath. Friedhof St. Urbanus in Rhade: Der kleine Friedhof liegt am Kriegerdenkmal am Hölter Weg. Er hat neben neu gestalteten Räumen auch eine Trauerhalle.

Soldatenfriedhof im Waldfriedhof in Holsterhausen; Foto: Stegemann

Sonstige Friedhöfe: Soldatenfriedhöfe und jüdische Friedhöfe

Privatfriedhof: Hinter der Kirche des Michaelisstifts an der Rhader Straße in Lembeck gibt es einen kleinen Friedhof, der von den einst dort lebenden Mitgliedern der gräflichen Eigentümerfamilie von Merveldt und dann von den Karmeliterinnen benutzt wurde.
Soldatenfriedhöfe: Einen Soldatenfriedhof gibt es im katholischen Friedhof St. Agatha an der Gladbecker Straße, im städtischen Waldfriedhof am Tüshausweg in Holsterhausen. Einzelne Soldatengräber gibt es auch in anderen Friedhöfen. Gegenüber dem städtischen Waldfriedhof in Holsterhausen gibt es einen Friedhof, in dem russische Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen sowie deren hier geborenen Kinder in drei Massengräbern beerdigt sind. Er wurde 1943 angelegt.
Jüdische Friedhöfe: Im „Judenbusch“, unweit der Marler Straße, liegt der 1500 Quadratmeter große Friedhof der einstigen jüdischen Gemeinde in Dorsten, der bereits in einer Gebietskarte von 1628 eingezeichnet ist. Zu einer Zeit also, als es über Jahrhunderte hinweg keine Juden mehr in Dorsten gegeben hatte. Erst durch das Toleranzedikt Napoleons kamen Anfang des 19. Jahrhunderts Juden wieder nach Dorsten und benutzen den Friedhof bis 1942. Kleinere jüdische Friedhöfe gibt es in Wulfen und in Lembeck.

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Ein Kommentar zu Friedhöfe sind nicht nur die letzte Ruhestätte des Menschen, sondern auch bedeutende Grünanlagen, die es zu erhalten gilt – beigesetzt werden sowohl Särge als auch Urnen

  1. Petra Somberg-Romanski sagt:

    Vielen Dank, schön geschrieben und sehr informativ.

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