Zehn Gebote des Bürgermeisters: Die „Dorstener Erklärung“ sollte ein Manifest gegen rechts werden – das wurde sie nicht! Der Begriff Demokratie weckt nicht erfüllte Erwartungen

Hinweis auf die “Dorstener Erklärung” am Alten Rathaus 2018/19

Kritischer Blick auf das Papier, von Helmut Frenzel

4. Sept. 2020 – Die Sitzung des Rates am Mittwoch dieser Woche hatte es in sich. Unter Punkt eins der Tagesordnung ging es um die Verabschiedung der sogenannten „Dorstener Erklärung“ zu Menschenwürde, Demokratie und Respekt, einem Lieblingsprojekt des Bürgermeisters Tobias Stockhoff. Er hatte 2018 das Projekt erfunden und auch den Titel vorgegeben. Die Bürger wurden eingeladen, sich zu beteiligen, die Leitung übernahm ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Herausgekommen sind 10 Punkte, wobei die Zahl 10 bestimmt nicht ohne Absicht Assoziationen weckt. Die Punkte kommen zwar nicht als Gebote daher, doch ist der unterschwellige Ton der Selbstverpflichtung nicht zu überhören. Das ist ganz nach dem Geschmack des Bürgermeisters und trägt unzweifelhaft seine Handschrift. Der Rat nahm die Erklärung mit den Stimmen aller Mitglieder an und nun soll sie den Bürgern vorgelegt werden verbunden mit der Einladung, sich durch Unterschrift hinter sie zu stellen.

So weit so gut. Wer die Erklärung liest, der wundert sich allerdings, wie in den Titel der Begriff „Demokratie“ hineingeraten ist. Keiner der 10 Punkte nimmt darauf Bezug. Was unterschreibt der Bürger eigentlich, wenn er seinen Namen unter die Erklärung setzt? Es sind natürlich mehrere Deutungen möglich, doch welche ist gemeint? Es muss doch einen handfesten Grund geben, warum Tobias Stockhoff den Begriff  „Demokratie“ in den Titel aufgenommen hat. Wir stehen kurz vor den Kommunalwahlen. Ein Sinn ergibt sich, wenn damit gemeint ist: ,Wir stehen gegen die Feinde der Demokratie.’ und: ,Wir stehen gegen Rechts.’  Die verschlüsselte Botschaft lautete dann: Wer die Erklärung unterschreibt, der wählt nicht Rechts, der wählt nicht die AfD. Und tatsächlich: Wer die Rede des Bürgermeisters nachliest, in der er seine Idee vorstellte, der findet sich bestätigt. Die „Dorstener Erklärung“ sollte in der Vorstellung des Bürgermeisters ein Manifest gegen Rechts werden, das ergibt sich aus dem Kontext seiner Rede. Daraus ist nichts geworden. Im viel beschworenen „Dorstener Dialog“ wurde dieser Plan weichgespült. Nun spiegelt sie die Träume von einer heilen Welt, denen viele Menschen nachhängen. Und daran ist nichts falsch. Jeder hat ein Recht auf seine Träume. Nur ein politisches Manifest ist die „Dorstener Erklärung“ nicht. Jeder kann sie getrost unterschreiben, ohne befürchten zu müssen, dass er irgendwo aneckt. Er befindet sich mit seiner Unterschrift im besten Sinne im main stream. Der Begriff „Demokratie“ sollte allerdings aus der Überschrift entfernt werden. Er weckt Erwartungen, die der Inhalt der Erklärung nicht erfüllt. Der dann verbleibende Titel trifft den Inhalt hundertprozentig.

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