Kratzer an der Erfolgsgeschichte der Shopping Center. Das „Palais Vest“ hat ein Leerstandsproblem

Palais Vest: Sieht nicht so aus, ist aber zugeklebter Leerstand. Fotos (3): Wolf Stegemann

von Helmut Frenzel

5. Oktober 2014. – Wenn ein neues Shopping Center eröffnet wird, dann dreht sich alles darum, welche Auswirkungen das auf den bestehenden innerstädtischen Einzelhandel hat. Im Vordergrund steht die Sorge, ob Geschäfte abwandern oder schließen und so die Innenstadt von zunehmenden Leerständen betroffen sein wird, was einer Schwächung ihrer Attraktivität gleichkommt. Demgegenüber wird bei Shopping Centern die vollständige Vermietung als eine Selbstverständlichkeit angesehen. Leer stehende Flächen gelten als der Anfang vom Ende eines Centers und dementsprechend arbeitet der Betreiber nach Kräften daran, dass alle Flächen vermietet sind und es nicht zu Leerständen kommt – das gilt während der gesamten Lebensdauer eines Centers, vor allem natürlich zu Beginn.

Umso mehr überrascht es, wenn bekannt wird, dass die Flächen in einem Shopping Center bei der Eröffnung nicht voll belegt sind. So räumte der Centermanager des Mercaden Böblingen ein, dass von den rund 100 Läden zehn „noch nicht bezogen“ sind. „Manche werden wohl erst im nächsten Jahr zu uns stoßen, sie sind nicht fertig geworden“, wird er zitiert (Stuttgarter Zeitung vom 2. Oktober 2014). Das wird man als vornehme Umschreibung verstehen dürfen, dass die Läden bisher nicht vermietet werden konnten. Hat das Mercaden Böblingen möglicherweise schon jetzt ein Leerstandsproblem?

Einmal auf dieses Thema aufmerksam geworden, schaut man nach, wie es mit der Vermietung im Palais Vest Recklinghausen steht. Seit Monaten wirbt der Betreiber mit der Zahl von 120 Shops, die das neue Center beherbergen soll. Über den Vermietungsstand wurde bisher wenig bekannt, so dass jeder schlussfolgert, dass alle Flächen vermietet sind. Aber dem ist nicht so. Auch das Palais Vest hat ein Leerstandsproblem.

Perfekte Attrappe: kein Shop, sondern leeres Ladenlokal

Ein Viertel der Ladenlokale nicht vermietet?

Auf der Internetseite des Palais Vest werden 91 Geschäfte aus den Bereichen Einzelhandel, Dienstleistung und Gastronomie mit ihrem Firmen- beziehungsweise Markennamen vorgestellt. Zunächst zweifelt man, ob man richtig gelesen hat. Zur Kontrolle sieht man sich den Centerplan an, in dem die vorhandenen Geschäfte den Mietflächen zugeordnet sind, und findet bestätigt, dass knapp 30 Lokale offenbar nicht vermietet sind. Wenn das stimmte, wäre der Leerstand fast schon dramatisch zu nennen und würde überhaupt nicht zu der Erfolgsgeschichte passen, zu der die Projektentwickler ihre Vorhaben immer erhöhen. Dann müsste aber doch auch darüber berichtet worden sein? Also doch ein Irrtum?

Da hilft nur der persönliche Augenschein. Und tatsächlich: von leeren Flächen ist auf den ersten Blick kaum etwas zu sehen. Erst auf den zweiten Blick wird man fündig. Über das Center verteilt sind Schaufenster mit großformatigen Fotos beklebt, die bei den Besuchern den Eindruck vermitteln, dass sich dahinter voll eingerichtete Betriebe befinden, in Wahrheit handelt es sich um unvermietete Ladenlokale. Das Geschick, mit dem der Betreiber das fertig gebracht hat, kann man nur bewundern. Wenn man die Besucher des Palais Vest befragte, ob sie etwas von Leerständen bemerkt haben, würden die allermeisten das zweifellos verneinen.

Am Ende des Besuchs kommt man zu diesem Ergebnis: drei Ladenlokale sind vermietet, aber noch nicht bezogen. Mindestens 13 Ladenlokale, große und kleine, stehen leer und Ihre Schaufenster sind mit den großformatigen Platzhalter-Fotos beklebt, weitere sind zugehängt oder mit Werbung versehen. Einige überwiegend sehr kleine Lokale, besonders im Gastronomiebereich, stehen ebenfalls leer. Diese Zahlen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Shopping Center ohne Shop

Alles ganz normal oder ein Warnsignal?

Den Centerbetreibern gelingt es offenbar trotz des langen Vorlaufs nicht mehr, die Flächen in ihren riesigen Shopping Centern problemlos zu vermieten. Wird den Filialisten, die ganz überwiegend die Flächen besetzen, das Risiko zu groß? Ist die Dichte des Angebots zu hoch? Oder ist alles nur ganz normal und die leeren Flächen werden in Kürze vermietet sein? Die Leerstände in neuen Shopping Centern könnten allerdings auch ein Warnsignal sein, dass die Übertreibungen in Bezug auf ihre Größe und Dichte in der Region vom „Markt“ gestoppt werden.

Das nächste Shopping Center wird in Dorsten gebaut. Es ist ebenfalls eindeutig überdimensioniert. Auf die weitere Entwicklung darf man gespannt sein.

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7 Kommentare zu Kratzer an der Erfolgsgeschichte der Shopping Center. Das „Palais Vest“ hat ein Leerstandsproblem

  1. Bei den im Text genannten Dekorationen auf den Staubschutzwänden handelt es sich keineswegs um großflächige Fotos, sondern um dreidimensionale Abbildungen eines entweder fiktiven Ladengeschäfts im Falle eines Leerstandes, oder aber eines dreidimensionalen Modells des zukünftigen Mieters bei bereits vermieteten Einheiten. Die niederländische Firma 3DWD spezialisiert sich seit drei Jahren auf diese Designs und vertreibt sie in 25 Ländern weltweit.

  2. jupp kowalski sagt:

    Zitat aus der Dorstener Zeitung: “Die Kaufmannschaft der Dorstener Innenstadt ist überwiegend positiv gestimmt und befürchtet keinen Verdrängungswettbewerb..”
    und noch ein Zitat: “DIA-Vorsitzender Thomas Hein: Wir freuen uns auf die Mercaden…” (Herr Hein muss es wissen, er ist kein Einzelhändler).
    Ach ja: Herr Krämer findet, dass sein Center “ein Meilenstein für Dorsten sei…” Die Dorstener Zeitung übernimmt diese Aussage auch gleich als Überschrift! Wohl aus Vorfreude auf das Anzeigengeschäft. – Nur mal so am Rande – was ist eigentlich aus dem Grundstein des alten Meilensteins – Verzeihung, ich meine natürlich Wilma – bzw. Lippetorcenters geworden?

  3. M. Wischerhoff sagt:

    Heute war die Grundsteinlegung der “Mercaden Dorsten” und Herr Krämer verkündete neue Mieter.
    Wie es zu befürchten war, wurde mit dm ein ortsansässiger Einzelhändler genannt. C&A wird ebenfalls schon lange inoffiziell mit den “Mercaden Dorsten” in Verbindung gebracht.
    Es werden weitere Einzelhändler aus der Innenstadt dem Ruf des Einkaufszentrums folgen. Wer soll diesen Leerstand füllen? Wann sehen die Leute endlich ein, dass Herr Krämer nicht der nette Onkel ist? Herr Krämer ist in Dorsten, um Geld zu verdienen. Und Geld verdient er nur mit einem vollen Center. Es ist für ihn dabei nicht von Interesse, ob der Markplatz in Zukunft nur halb vermietet ist. So lange aber alle brav der goldenen Kuh folgen, wird er weiter Mieter aus der Altstadt ziehen. Wann wird die DIA wach und bezieht Position?

  4. jupp kowalski sagt:

    Sehen Sie bitte mal, dass die Kunden – also auch Sie – entscheiden können. Wenn das neue Geschäft keinen Zuspruch findet, dann wird es in absehbarer Zeit den Standort wieder velassen.

  5. Bürger sagt:

    Schon jetzt kann die Altstadt, speziell der Marktplatz, kaum das Image der “guten Stube” Dorstens präsentierten. Wie zu hören, wird wieder ein Stück Kreativität und Schönheit dem Ramsch Platz machen (müssen). Die Goldschmiede am Markt weicht einem Krimskramladen. Traurig und eine Schande für die Anmutung der Stadt.

  6. M. Wischerhoff sagt:

    Herr Krämer hatte immer davon gesprochen, keine Mieter aus der Altstadt abwerben zu wollen. Da hatte er wohl etwas geflunkert und dabei wird es nicht bleiben.
    Vollmundig versprach er, Dorsten ein Einkaufszentrum wie in Bergisch Gladbach zu bauen. Am Ende wird eine billige Kiste in bester Dorstener Lage stehen, gefüllt mit ebensolchen kostengünstigen Mietern. Geiz ist geil!

  7. Feldmark sagt:

    Wie oft hatte Herr Krämer in der Vergangenheit schon angekündigt, seine Mieter nennen zu wollen? Schon vor 3 Jahren waren angeblich über 60% vermietet.
    Jetzt sollte bei der Grundsteinlegung endlich das große Geheimnis gelüftet werden. Und was ist? Wieder wird alles verschoben. Diesmal bis kurz vor den Eröffnungstermin.
    Die Dorstener Zeitung und DIA werden nicht müde, brav im Gleischritt mitzulaufen. Skeptisches hinterfragen Fehlanzeige. Herr Hein als Vorsitzender der DIA teilt der Presse sogar mit, dass er davon überzeugt ist, dass toom und Kaufland zusammen existieren können.
    Liest Herr Hein nicht die CIMA Gutachten? Hier wird klar gesagt, dass der Standort Recklinghäuser Tor nur noch mittelfristig zu halten ist. Es ist schon bedenklich, wie Vertreter der Kaufmannschaft mit Stammtischparolen ein so wichtiges Thema behandeln.
    Herr Krämer hat augenscheinlich das gleiche Problem wie das Palais Vest. Die Mercaden Dorsten sind im Bau, somit muss – auf welche Weise auch immer – das Gebäude mit Mietern gefüllt werden. Zur Not holt er sich die Mieter aus der Altstadt. Mit C&A ist bereits ein Mieter im Gespräch. Weitere werden Folgen und große Wunden in die Altstadt reißen. Viele Besucher, auch von auswärts, kommen nach Dorsten wegen des Flairs und des geringen Leerstands in vielen Bereichen. Wenn hier großflächig Ladenlokale leer stehen, werden Besucher ausbleiben und weitere Ladenlokale werden schließen. Haben sich die Verantwortlichen bei der Stadt, DIA und Dorstener Zeitung schon einmal darüber Gedanken gemacht?