Was macht eigentlich … David William Fairclough? Der Brite lebt als Rentner seit fünf Jahren in Dorsten und wartet auf das Ende des Brexit – so oder so!

David W. Fairclough in Dorsten, im Hintergrund der Kanal; Foto: Andrea Schüller

Von Wolf Stegemann

Der Brexit nervt. Nicht nur die beteiligten Europa-Politiker, auch die Bürger, wenn sie Nachrichten hören, wenn sie im Fernsehen den wie Theater anmutenden ergebnislosen Debatten im britischen Parlament zuschauen. Und es nervt die Zeitungsleser, wenn sie wieder und  wieder über die gleiche Erfolglosigkeit der Politik lesen. Und noch mehr nervt es den mit einer Dorstenerin liierten Briten David William Fairclough (68), nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen englischen Top-Fußballer. Vor zwanzig Jahren wanderte er von Britannien nach Spanien aus und arbeitete dort als selbständiger Maurer. Seine Kunden waren Landsleute, die in Südspanien sesshaft geworden waren. Dort baute er sich in den Bergen von Malaga ein Finka. Vor fünf Jahren lernte er dort die passionierte Autocamperin Sigrid aus Dorsten kennen und folgte ihr nach Dorsten. Seither wohnt er in der Lippestadt. Zuvor war David noch nie in Deutschland. Doch jetzt fühlt er sich wohl in der Lippestadt und unter seinen deutschen Freunden, mit denen er sich jeden Samstag, so er nicht verreist ist, trifft und sich austauscht. In letzter Zeit natürlich vor allem über den Brexit, der für ihn zum Problem wird, wenn er ohne „Deal“ mit der Europäischen Union vom Parlament angenommen werden sollte.

Es wird zum Brexit kommen – so oder so

David William Fairclough ist ein absoluter Gegner des Brexit. So absolut dachte er noch vor zwei Jahren nicht über den Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union. „Die Frage Brexit ja oder nein habe ich mir nicht stellen müssen, da ich als nicht in England lebender Brite am Referendum 2016 nicht teilnehmen durfte!“ Auf seine Regierung in London ist er – zurückhaltend ausgedrückt – nicht gut zu sprechen. „Sie hat beim Referendum 2016 die Bevölkerung belogen und dann im Stich gelassen. Und das bis heute!“ David meint, dass auch das „Von-oben-herab“-Verhalten der EU-Politiker gegenüber den Briten Teile der Bevölkerung erst zu Brexit-Befürwortern gemacht habe. Er ist fest davon überzeugt, dass es zum Brexit kommt, ganz gleich, wie oft englische und EU-Politiker darüber noch reden werden. Und wenn es so kommen sollte, dann befürchtet er, dass es für die Expats, die im Ausland lebenden Engländer, große Schwierigkeiten geben wird. „Daher ist es wichtig, auch bei einem harten bzw. no-deal-Brexit zu regeln, was mit uns Auslands-Briten passiert. „Es steht fest“, so David weiter, „dass wir dann keinen Gesundheitsschutz in Europa mehr haben, keine Medikamente bekommen.“ Bei einem no-deal-Brexit, so David W. Fairclough, hätten englische Pensionäre im Ausland überhaupt keinen Gesundheitsschutz mehr! Die Überweisung von Renten an britische Staatsbürger ohne Wohnsitz in Großbritannien wäre dann ein Problem. Problematisch wird es auch für EU-Bürger, die sich in Großbritannien niedergelassen haben. Denn in Großbritannien leben in unterschiedlichen Verhältnissen etwa 300.000 Deutsche. Insgesamt gibt es in England rund 3,86 Millionen EU-Ausländer. Laut einer Umfrage der Zeitung „The Guardian“ 2018 gibt es seit dem EU-Ausstiegsreferendum rund 600.000 auswanderungswillige Briten, von denen 264.000 Deutschland als Auswanderungsziel erste Wahl nannten. Laut Statistik 2018 leben in Deutschland 92.846 Briten, davon 106 in Dorsten, von denen 30 einen Antrag auf deutsche Staatsbürgerschaft gestellt haben.

Der Neu-Dorstener Brite lebte 20 Jahre lang in Spanien 

David W. Fairclough ist nicht darunter. Warum nicht? Es ist bislang die Sprache. Obwohl seit 2014 in Dorsten und mit einer Dorstenerin liiert, spricht er so gut wie kein Deutsch. Ob sich das noch ändern wird? Er lacht und zuckt mit den Schultern. Mit Englisch, so die Tradition der Engländer seit Jahrhunderten, kommen sie gut verstanden durch die ganz Welt von Hongkong bis Spanien, von Amerika bis Südafrika – und in ihrem weltumspannenden Empire sowieso. Wozu also eine andere Sprache lernen? Er weiß aber, dass er erst einmal Deutsch lernen müsste, wenn er nach einem harten Brexit einen deutschen Pass wollte. In der Regel muss ein EU-Ausländer seine ursprüngliche Staatsbürgerschaft aufgeben, wenn er in Deutschland eingebürgert werden will. Für EU-Bürger gilt das nicht und für andere (Türken, Israeli u. a.) gibt es Ausnahmeregeln. Beantragt ein britischer Staatsangehöriger die deutsche Staatsbürgerschaft, darf er, solange Großbritannien noch in der EU ist, auch seinen britischen Pass behalten. Das wird sich aber bei einem Brexit auch ändern.

Neu war ihn in Deutschland vieles: Sprache, Autoraserei, Wohn-Standart …

Als David vor fünf Jahren erstmals nach Deutschland kam, war er, wie er sagt, geschockt. Über die Raser auf der Autobahn, die in Deutschland weitgehend unbegrenzt schnell fahren dürfen, in England begrenzt auf 70 Meilen pro Stunde (etwa 90 km/h). Die größte Überraschung aber war der „Stolz der Deutschen auf ihre guten Straße, was Sauberkeit und Regelungen betrifft. Und dann war für ihn auch die deutsche Sprache neu und auch der gute Wohn-Standard. Auch hatte er mit mehr Aversionen der Deutschen gegen Briten gerechnet, denn, so David, in England gäbe es weitverbreitet ausgeprägte Aversionen gegen Deutsche, die dort u. a. als ausgesprochen unhöflich gelten.

In Dorsten mag er vor allem den Kanal und natürlich auch die Dorstener

Geboren und gelebt hatte David in Scarisbrick (Lancashire). Den rund 3500 Einwohnern entstammte nicht nur er, sondern auch der Beatle John Lennon (1940 bis 1980). David, der kein „Fan der Queen“ ist, erlernte das Maurerhandwerk, machte sich selbstständig, heiratete spät. Seine Familie mit Sohn und einem Enkel sowie zwei Brüder leben noch in England. Ende der 1990er-Jahre ging er als selbstständiger Bauhandwerker nach Spanien und kam 2014 als Rentner nach Dorsten. Hier fühlt er sich wohl. Er wohnt im Bereich Maria Lindenhof, sieht auf den Kanal und die weitläufigen Grünanlagen. Wie reagieren Dorstener auf ihn? „Unterschiedlich“, sagte er und schmunzelt. „Manche fragen mich, ob ich wirklich ein Engländer bin.“ Öfters hört er die Frage: „You know Beckham?“ Andere wiederum sprechen gern mit ihm, um ihre Englischkenntnisse anzubringen. In den fünf Jahren, in denen er in Dorsten lebt, bemerkte er auch, dass sich das Stadtbild in dieser Zeit merklich verschlechterte. Originalton: „Der Standard geht in allem herunter!“

Und was gefällt ihm besonders in Dorsten? Er überlegt, schaut seine Dorstener Partnerin an, beide schmunzeln. Dann sagt er: „Das gute Straßennetz und der Kanal – und natürlich die Menschen, denen ich hier begegne.“

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