Literatur: „Dorsten – Um sechs am Marktplatz“ – Geschichten und Anekdoten von der Nachkriegszeit bis in die 90er-Jahre. Auf 80 Seiten im handlichen Buchformat

16. Oktober 2015. – Kürzlich ist im Wartberg Verlag ein neues Buch über Dorsten erschienen, das sich mit dem Titel „Dorsten – Um sechs am Marktplatz“ auf 80 Seiten mit Anekdoten und Geschichten aus der Stadt und den Stadtteilen befasst. Autor ist der Dorstener Journalist Wolf Stegemann, Mitherausgeber von Dorsten-transparent. Durch seinen Beruf kennt er die Dorstener Verhältnisse bestens.

Mit den jüngsten Jahrzehnten befassen sich die manchmal launigen Geschichten derer, die sich in Dorsten nur aufgehalten haben, hier lebten und leben. Ob sie prominent waren oder sind, wie Alma Prinzessin von Sachsen-Coburg und Gotha, die in der Gefängniszelle übernachten musste, oder irgendwie Originale waren wie der „Unheimliche“, der über 40 Jahre in Wäldern rund um Dorsten lebte. Bekannt machten Dorsten auch die heutigen Fernsehköche Frank Rosin und Björn Freitag, die auf den TV-Kanälen mit Rezepten und Ratschlägen zu sehen sind. Und nicht zuletzt sind auch die lieben Haustiere dabei, die immer gut für „Aha“-Geschichten sind. Aber auch makabere Geschichten, wie die des Dorsteners, der unbedingt Dompteur sein wollte, einen Tiger wie ein Haustier hielt, und eines Tages beim Füttern tot gebissen wurde. Die hier veröffentlichten Geschichten mögen dem Leser vermitteln, dass es die Menschen sind, die dieser Stadt – wie jeder anderen – ihr Gesicht geben.

Wussten Sie beispielsweise, dass die erste karierte Jacke, die zum Markenzeichen des TV-Entertainers, Schauspielers, Show- und Quizmasters Peter Frankenfeld werden sollte, aus Lembeck stammte? Oder dass Bürgermeister Heinz Ritter 1989 die einzigen Hausbesetzer, die es je in Dorsten gab, auf dem Dach eines Hauses am Alten Postweg mit Fleischwurst und Brötchen versorgte, während die Polizei unten alles abgeriegelt hatte? Ursprünglich wollten die Hausbesetzer keine Fleischwurst und keine Brötchen, sondern den „Sieg oder den Tod“ wie auf dem Spruchband stand. Diese und andere Geschichten geben einen amüsanten und manchmal auch nachdenklichen Einblick in das Leben der Leute, die hier wohnen.

Die Geschichten: Vom Marktplatz bis zur Schlemmerhauptstadt Dorsten

Dorstens Mittelpunkt: Der Marktplatz –Wir sind stolz auf unseren Kreuzweg (Deuten) – Suche Loessel – Der schwarze Waldmensch – Der fast perfekte Fünfer – Gern gesehene Gäste (Störche) – Die Prinzessin im Gefängnis – Der Pfarrer griff dem lieben Gott ins Portemonnaie- Fernsehartist Armin Dahl als Fassadenkletterer – Erdöl in Erle – Der Skatclub der Gemütlichkeit – Großes Rennen in Dorsten (Seifenkosten) – Peter Frankenfelds karierte Jacke – Mit Fleischwurst und Brötchen – Totenschein für einen Lebenden – Diese Haschbrüder! – Kater Janosch auf Reisen – Der große kurze Traum – Die Landratte (Fred Mauritz) – Der beleidigte Prinz – Echte Nachkriegskrimis – Die verpasste Chance (Joseph Beuys) – Der Prinz ohne blaues Blut – 155 Tage hinter Kirchenmauern – Schlemmerhauptstadt Dorsten. – Drei Geschichten aus dem Inhalt:

Peter Frankenfelds erste karierte Jacke stammt aud Lembeck

Peter Frankenfelds karierte Jacke

Frankenfelds karierte Jacke. Den älteren Dorstener Bürgern wird der TV-Entertainer, Sänger, Humorist und Schauspieler Peter Frankenfeld (1913-1979) in bester Erinnerung sein. Der charmante Mann brillierte auf den Fernsehbildschirmen als Show- und Quizmaster („Musik ist Trumpf“). Sein Markenzeichen war eine großkarierte Jacke. Und die hat was mit Dorsten zu tun. Als Peter Frankenfeld Anfang der 1950er-Jahre auf Einladung einer örtlichen Zeitung im Stadtteil Lembeck auftrat, sah man ihn erstmals in dieser Jacke. Das Kleidungsstück war ihm nämlich von einer Zuschauerin geschenkt worden und Frankenfeld zog sie sofort an. Angeblich soll die Jacke aus einem Care-Paket stammen und damit aus den USA. Wie auch immer, feststeht, dass diese Jacke zum Markenzeichen Frankenfelds wurde und ihn seine ganze Karriere lang begleitete.

Kater Janosch ging per Postpaket unfreiwillig auf eine lange Reisen

Ein Stubentiger namens „Janosch“ brachte im Sommer 2008 eine abenteuerliche Reise hinter sich: Der einjährige Kater wurde versehentlich in einem Paket 700 Kilometer vom bayerischen Rottach-Egern nach Dorsten verschickt. An seinem Heimatort hatte sich der schwarze Kater offenbar in die Nachbarswohnung geschlichen und es sich in einem Karton bequem gemacht, in dem ein Kindersitz lag. Ein gemütlicher Platz und das Tier schlief wohl ein. Die Nachbarin klebte das Paket zu, ohne den ungebetenen Gast zu bemerken. Erst bei der Postfiliale in Dorsten viel einem Mitarbeiter auf, dass das Paket „lebte“ und sich bewegte. Er befreite das arme Tier, das die lange Reise unversehrt überstanden hatte. Bis der Kater mit Namen Janosch Ende Juni von seiner 44-jährigen Besitzerin abgeholt werden konnte, verbrachte er mehrere Wochen im Dorstener Tierheim. Die Medien berichtete gerne und live, sowie mehrere TV-Sender, BILD, der Spiegel, der Focus, die Süddeutsche Zeitung, die Frankfurter Allgemeine, die Deutsche Presse-Agentur (dpa). Tiergeschichten gehen halt immer und Dorsten war in aller Munde!

Das Schicksal des Engelbert Lehnert, der Unheimliche aus den Wäldern

Engelbert Lehnerts Grabstein

Der Bart war schwarz und wild, das Gesicht und die Hände vor Schmutz starrend und dunkel verfärbt.  Einer solchen Erscheinung konnte man kaum Vertrauen entgegenbringen. Alles, was er besaß, trug er auf dem Leib. Manchmal bis zu sieben Hosen und Jacken, die keine Knöpfe mehr hatten und mit Draht zusammengehalten waren. Doch Engelbert Lehnert, der 41 Jahre lang in den Wäldern der Herrlichkeit lebte, war weder ein Unhold noch ein Kinderschreck. Er konnte nicht Tritt fassen in der ländlichen Gesellschaft, in die er am 26. Dezember 1889 in Heiden hineingeboren wurde. Daher lebte er von den Gaben der Bauern. Diese Art von Leben brachte ihm zweifelhafte Berühmtheit ein. „Schwarzer Engelbert des Münsterlandes“, „Geheimnisvoller Waldmensch“, „Der Unheimliche aus den Wäldern“ titelten die Medien.

Seine Eltern starben schon bald nach dem Ersten Weltkrieg, seine Geschwister zogen fort, das elterliche Anwesen ging in andere Hände über. Engelbert Lehnert hatte kein Zuhause mehr. So lebte er draußen, im Sommer wie im Winter, selbst wenn das Thermometer 20 Minus-Grade anzeigte. Den Zweiten Weltkrieg überlebte Engelbert in seinen Wäldern. Im ersten Kriegsjahr sah er die Flugzeuge, die über sein Gebiet zum Angriff nach Holland flogen, in den nächsten Jahren waren es Brände. Welche Ängste Engelbert in den Bombennächten ausgestanden haben mochte, weiß niemand. Nach dem Krieg blieb Engelbert Lehnert in seinem Wald, auch wenn es mit zunehmendem Alter beschwerlicher für ihn wurde.

Am Rosenmontag des Jahres 1956 wäre er beinahe verbrannt, als seine Kleidung an einem angeheizten Futterkessel Flammen fingen und seine Haut dabei hochgradig in Mitleidenschaft gezogen wurde. Engelbert kam ins Lembecker Michaelisstift in Obhut eines Arztes und der resoluten Schwester Herma. Nach einiger Zeit bezog er dort eine einfache Kammer. Es dauerte Monate, bis Engelbert Lehnert wieder gesund war. Er sollte – vom Sozialamt betreut – acht Jahre im Michaelisstift bleiben, verschlossen und wortkarg. Fragte ihn jemand nach seinem Waldleben, wurde er zornig, drohte mit der Faust und wendete sich ab. An einem Wintertag, es war der 1. Dezember 1964, wurde er in der Abenddämmerung von einem Auto angefahren. Schwer verletzt kam er ins Krankenhaus. „Mir fehlt nicks. Ik heb bloß de Beene tebrocken.“ Doch am 8. Dezember endete die ungewöhnliche Lebensgeschichte Engelbert Lehnerts. Eine große Trauergemeinde gab ihm in Lembeck das letzte Geleit.

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Wolf Stegemann „Dorsten – Um sechs am Marktplatz“, 80 Seiten, Hardcover, Wartberg-Verlag 2015, 11 Euro, ISBN 978-3-8313-2126-1. – In jeder Buchhandlung erhältlich oder beim Verlag unter:
http://www.wartberg-verlag.de/bildband/titel/1085-geschichten-und-anekdoten-aus-dorsten.html

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3 Kommentare zu Literatur: „Dorsten – Um sechs am Marktplatz“ – Geschichten und Anekdoten von der Nachkriegszeit bis in die 90er-Jahre. Auf 80 Seiten im handlichen Buchformat

  1. Waltraud v. Schaum sagt:

    Ein toller Schreiber! Habe das Buch mit Genuss gelesen, bin begeistert vom Repertoire! So leicht und unterhaltsam an den Leser gebracht, dabei so viel Wissenswertes über die Stadt. Durch dieses Buch bekommt Dorsten für mich einen ganz anderen Stellenwert. Werde es zu Weihnachten nicht nur einmal verschenken.

  2. Wilhelm Schürholz sagt:

    Ein lesenswertes Buch – da unterhaltsam und informativ zugleich. Typisch Wolf Stegemann. Schöne Ansammlung kleiner Geschichten und Anekdoten – eine passende Ergänzung zu den anderen lokalen Publikationen über Dorsten (nicht nur) in meinem Bücherregal.

  3. Peter Fietz sagt:

    Das sind ja interessante Artikel, die mich da erwarten; gleich morgen werde ich das Buch kaufen. Es ist ja hoffentlich im örtlichen Buchhandel vorrätig.

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