Dorstener Familien bestimmten die Geschicke der Stadt (III): Die „Schürhölzer“ – Blaufärber, Kaufleute, Fabrikanten, Kommunalpolitiker und Bürgermeister

Textilhaus Schürholz am Marktplatz 1958

Von Wolf Stegemann

Die Familie Schürholz gehört zu den bekanntesten in Dorsten. Im Gegensatz zu etlichen der bedeutenden Familien, die entweder ausgestorben sind oder heute nicht mehr in Dorsten sind, leben die Mitglieder der Schürholz-Familien noch mitten in der Stadt. Das große Konfektionsgeschäft der Brüder Schürholz am Markt ist noch vielen in Erinnerung – und die Teppichwirkerei DekoWe in Hervest-Dorsten ebenfalls. Wir stellen hier die Familiengeschichte in Einzelporträts vor und hoffe, dass die Auswahl der Personen und ihrer Geschichte das breite Spektrum dieser bemerkenswerten Familie wiedergibt.

Vom Sauerland ins Münsterland – 225 Jahre Schürholz in Dorsten

Die katholische Familie stammt aus Drolshagen im Kreis Olpe. Damals schrieb sie sich noch Schüerholz. Der Flurname „Vorm Schürholz“ umfasst eine Häusergruppe auf nördlicher Höhe hinter Schreibersdorf. 1659 lebten in der Stadt Drolshagen bereits acht Familien namens Schürholz, die vornehmlich Blaufärber waren, im Kirchspiel weitere vierzehn Familien. Der Stammvater des von Warendorf nach Dorsten zugezogenen Blaufärbers Johann Heinrich Schürholz (1789 in Warendorf bis 1856 in Dorsten) hieß Joes Schürholz, geboren 1682. Ihm folgten im Stammbaum Joes Wilhelm, geboren 1716, und dessen Sohn Joes Matthias Joseph Schürholz, der in Warendorf Blaufärber war und 1810 in Drolshagen starb. Verheiratet war er mit Anna Berta Frye, gestorben 1808. Deren Söhne Johann Heinrich Schürholz, ebenfalls Blaufärber (1789 bis 1856) und der Buchhändler Carl August Schürholz zogen nach Dorsten. Ein dritter Sohn, Heinrich Josef, wurde Soldat in Napoleons „Grande Armee“ und starb während des Russlandfeldzugs 1812 bei Königsberg. Buchhändler Carl August Schürholz wurde Verleger und gab die Zeitungen „Argus“ und „Der Zuschauer“ heraus, die stets unter Zensur und Beobachtung der Behörden, vor allem der französischen Besatzungsbehörden Napoleons standen.

Dekowe-Werbeanzeige 1936

Von Blaufärbern zu Händlern und Fabrikanten

Der Blaufärber Johann Heinrich Schürholz, der Mitglied im Kirchenvorstand war, war ab 1815 verheiratet mit Anna Magda Angela Agate Timmermann (1789 bis 1866). Deren beiden Söhne hießen Matthias Wilhelm (1816 bis 1880) und Henriks Josephus Augustus, der als Kind starb (1828 bis 1835). Matthias Wilhelm war ab 1859 verheiratet mit Henriette Elisabeth Hamacher. Das Ehepaar hatte sechs Kinder: Johann Heinrich Ludwig Maria Schürholz (geb. 1860 in Dorsten), Kaufmann in Hervest-Dorsten, seit 1887 verheiratet mit Maria Henze (geb. 1861), Kinder: Maria (1874 bis 1887), Josef Anton (1861 in Dorsten bis 1924 in Köln), Apotheker, verheiratet mit Adelheid von Raesfeld; Matthias Wilhelm (geb. 1863), verheiratet mit Maria Cirkel (geb. 1869 in Dorsten), Ludwig Robert (1866 bis 1877) starb als Kind, Karl August (geb. 1869). Mit diesen Kindern teilten sich die in Dorsten verbliebenen Familienmitglieder in den in der Stadt verbliebenen Familienast (Blaufärber bzw. Textilkaufhaus sowie Buchhändler) und den in Hervest niedergelassenen Familienast (Kokosweberei).

Nachruf auf Wilhelm (Matthias) Schürholz 1925

Engagiert und etabliert in Dorstens  Kirchen- und Kommunalpolitik

Der Kaufmann Matthias Wilhelm Schürholz (1863 bis 1925) war verheiratet mit Maria Cirkel (geb. 1867). Als er nach kurzer Krankheit starb, veröffentlichten Bürgermeister Dr. Lürken und das Stadtverordnetenkollegium in der „Dorstener Volkszeitung“ einen Nachruf, denn Matthias Wilhelm Schürholz war von 1895 bis 1910 Stadtverordneter und danach bis 1924 ehrenamtlicher Beigeordneter der Stadt:

„In schwerster Zeit  war er ein leuchtendes Vorbild unbedingter Treue und höchsten Pflichtbewusstseins. Sein aufrechter Charakter, das Bewusstsein, Hüter des preußischen und deutschen Gedankens in der seiner Leitung nach Ausweisung des Bürgermeisters anvertrauten Stadt zu sein, ließen den Verstorbenen die seelischen und körperlichen Leiden der Gefängnishaft und Ausweisung ungebrochenen Utes für seine Heimat ertragen. Seine vornehme Gesinnung und unermüdliche Tatkraft zum Besten des Allgemeinwohles sichern ihm die Anerkennung und Liebe seiner Mitbürger. Das Dahinscheiden dieses mit den hervorragendsten Geistes- und Herzensgaben ausgestatteten Mannes bringt eine besonders fühlbare Lücke in unserer Stadt. Wir bedauern seinen Heimgang auf’s Tiefste und werden sein Andenken stets in Ehren halten. Dorsten, den 8. Januar 1925…“

Die schwere Zeit, von der im Nachruf die Rede ist, war die belgische Besetzung der Stadt und zeitweise auch der beiden Bergbaugemeinden von 1923 bis 1925. Kinder des Ehepaares Matthias Wilhelm Schürholz und seiner Frau Maria Cirkel waren Wilhelm (1895 bis 1925); Dr. med. Heinrich (geb. 1896), verheiratet mit Paula Beisenbusch; Dipl.-Kaufmann Paul Schürholz (geb. 1893), späterer Bürgermeister, verheiratet mit Rose; Josef Schürholz (geb. 1891), Kaufmann; Robert (1896 bis 1898); Margarete verheiratete Vonderhagen (geb. 1899), Düsseldorf; Maria (1901 bis 1904); Anna (geb. 1905) und Clemens (geb. und gest. 1905). Dem Hervester Familienast, den Johann Heinrich Ludwig Maria Schürholz und dessen Frau Maria Henze 1887 begründeten, entstammen zehn Kinder. Davon sind Zwillinge früh nach der Geburt verstorben. Die anderen acht Kinder waren Heinrich (gefallen 1918 in Verdun), Ludwig, der anstelle von Heinrich die Firma übernahm; Franz, der zuerst Staatsbeamter in Berlin war und sich später als Vertreter der väterlichen Firma am Bodensee niederließ. Er war ein Freigeist und half vielen verfolgten Menschen zur Flucht vor dem Naziregime. Diese Haltung kostete ihm seine Stellung in Berlin. Hermann (Vater von Hans-Jürgen), der gemeinsam mit seinem Vetter Albert Stevens in die DeKoWe nach Coswig ging. Hermannn war verheiratet mit Josefa geb. Beckmann (Textildynastie in Bocholt). Nachdem Coswig aufgegeben werden musste (die Nazis hatten 1938 die Produzentenkartelle verboten),  kam Hermann nach Dorsten und leitete fortan gemeinsam mit seinem älteren Bruder Ludwig die Geschicke der DeKoWe; Werner war Landwirt; Else, verheiratet in Castrop-Rauxel; Marie genannt Misy und Hutta.

Zurück zu den „Schürhölzern“ in der Altstadt: Nach dem Tode seines Bruders Josef führte Paul Schürholz das Textilgeschäft am Markt allein weiter. Im Jahr 1969 verpachtete er den Geschäftsbetrieb. Noch Jahre später hieß es, man ginge „ zu Schürholz“, wenn man das Textilgeschäft am Markt aufsuchen wollte, selbst wenn zwischenzeitlich der Name eines anderen Mieters über dem Eingang prangte. Anfang der 90er-Jahre zog das Modehaus Mensing an den traditionsreichen Standort und mietete die Räume bis zum Jahr 2010. Nach einem aufwändigen Umbau und einer Modernisierung sind seitdem die Geschäftsräume an zwei Modegeschäfte und an die Buchhandlungskette „Thalia“ vermietet.

“Argus”-Ausgabe; Privatbesitz Schürholz

Carl August Schürholz – Mutiger Verleger lehnte sich gegen die Obrigkeit auf

Er bereits Erwähnte war Buchbinder und Buchhändler, Buchdrucker wollte er werden. Also bewarb er sich am 4. Januar 1803 bei der herzoglich-arenbergischen Regierung in Düsseldorf um Druckaufträge für Schulbücher. Die Regierung erteilte ihm diese zwar nicht, ermuntert ihn aber, ein „Intelligenzblatt“ herauszugeben. 1803 erhielt der Dorstener Carl August Schüerholz das Druck-Privileg. Der somit erste Zeitungsherausgeber nannte sein dreieinhalb Reichstaler klevischer Währung kostendes Blatt „Der Argus, von politischen, gemeinnützigen und gelehrten Sachen“. Er legte Wert auf strikte Trennung von Verlag und Redaktion (wäre heute bei manchen Zeitungen wünschenswert!). Seine politischen Betrachtungen waren stets kritisch. Daher betrachtete die herzogliche Landesobrigkeit den „Argus“ mit äußerstem Missfallen. Mehrmals wurde Schürholz vor das Dorstener Gericht zitiert und mit Belehrungen oder Strafen belegt. Zensur- und Druckgenehmigungsbehörde war Dorstens Bürgermeister.

“Der Zuschauer”, Nachfolgeblatt des “Argus”

Immer wieder Strafen vor Gericht

Mit diesem Zensurverfahren für seine Bücher gab Schürholz sich zufrieden, doch protestierte er stets gegen die Zensurbestimmungen für die Zeitung. Die Regierung ließ sich allerdings nicht erweichen. Zuerst verdarb es sich Schürholz mit den Generalen, dann kam er mit dem Adel in schärfsten Gegensatz und schließlich mit den Franzosen. Weil er ein Jahr später einige Titel des Herzogs von Arenberg in etlichen Aufsätzen wegfallen ließ, kündigte ihm die Regierung die herzogliche Gnade auf und verhängte eine Strafe von sechs Goldgulden. Eine verschärfte Zensur und hohe Zollmauern brachten Schürholz dazu, den „Argus“ einzustellen. Er erschien 1809 als „Der Zuschauer, Herzoglich-Arenbergisches Intelligenzblatt“ erneut. Nach anfänglicher harter Zensur und mehrmaligem Verbot durch die Franzosen überlebte der „Zuschauer“ die Franzosenzeit. Schürholz’ neue Obrigkeit waren die Preußen. Er fasste als Verleger nicht mehr Fuß. 1816 stellte er den „Zuschauer“ ein, ließ ihn als „Argus“ 1820 wieder kurz aufleben, bis er zwei Jahre später endgültig aufgab. Damit trat der mutige Verleger endgültig vom Schauplatz der öffentlichen Meinungsbildung zurück, auf dem er für die vestische Provinz eine wichtige Rolle gespielt hatte. Carl August Schürholz starb 1832 in Dorsten.

Schürholz-Hochhaus am Markt um 1900

Des Verlegers verlorener Sohn

Einer der Söhne von Carl August Schürholz, Ludwig, wurde offensichtlich von seinem Vater verstoßen, weil ein junges Mädchen in Dorsten ein Kind von ihm bekam. In einer katholischen Stadt des 19. Jahrhunderts war ein solches Ereignis der soziale Tod in Familie, Kirche und Gesellschaft. Ludwig, der im Gewerbe seines Vaters blieb, verzog in das thüringische Hildburghausen und arbeitete dort als Schriftsetzer am Bibliografischen Institut. Am 26. August 1837, also fünf Jahre nach dem Tod seines Vaters, schrieb er an den Bürgermeister der Stadt Dorsten einen Brief (in Privatbesitz), in dem er seine Rückübersiedlung nach Dorsten in Aussicht stellte. Aus dem Schreiben geht hervor, dass der verstoßene Sohn vom Ableben seines Vaters fünf Jahre zuvor nichts gewusst hatte. Denn er bat den Bürgermeister um Auskunft, ob Geld, das er für seinen unehelichen Sohn in Dorsten an seinen Vater geschickt habe, auch gut angekommen sei:

„Auch wünschte ich, /: aber Sie nehmens nicht übel, dass ich Sie gar so sehr beschwere :/ eine Nachricht, von meinem Vater dem Kaufmann Schürholz, ob er der von mir vor 2 Monaten abgesandten Brief mit 10 Thalern Cassenanweisungen zur Bestimmung für meinen Sohn erhalten habe oder nich …“

In dem Schreiben an Bürgermeister Luck bat der verstoßene Schürholz-Sohn um einen Heimatschein, weil er nun in geordneten Verhältnissen lebe, eine 24-jährige Braut habe, die er heiraten und mit ihr in Dorsten einen Hausstand gründen wolle. Aus den Unterlagen geht nicht hervor, wie der Bürgermeister reagierte. Fest steht, dass der verlorene Sohn nicht nach Dorsten zurückkehrte. Wie sehr noch im 20. Jahrhundert in Dorsten (und sicherlich auch anderswo) eine uneheliche Geburt stigmatisiert war, beweisen die amtlichen Personenstandsnachrichten in den Zeitungen. Das belegt auch das „Dorstener Wochenblatt“ vom 23. Februar 1907. Während bei Geburten neben dem Namen des Kindes auch die Namen von Vater und/oder Mutter genannt sind, steht bei der Geburt von Martin Johannes am 9. Mai „Sohn der unverehelichten N. N.“

Heinrich Schürholz, Hervest-Dorsten

Heinrich Schürholz – Spartakisten entwaffneten 1919 seine Bürgerwehr

Er gehörte zu denen, die die Ärmel hochkrempelten und anpackten – geschäftlich wie politisch. Heinrich Schürholz begründete 1887 die Kokosweberei Stevens & Schürholz im Marienviertel in Hervest-Dorsten. Nach Ausscheiden des Teilhabers Wilhelmus Stevens etablierte Schürholz 1919 die heute noch in anderer Form und mit anderem Namen bestehende Firma Deutsche Kokoswebereien (DeKoWe), einen Interessenverband von sechs Kokoswebereien. Zudem erwarb er 1920 für die Firma Stevens & Schürholz die in Konkurs geratene Firma Wittemund in Coswig (Anhalt). Heinrich Schürholz war 1898 auch Mitbegründer der Rheiner Kalk-Sandstein-Werke, deren Vorsitz er von 1898 bis 1928 innehatte. An den heutigen Rheiner Kalk-Sandstein-Werken Cirkel und Co. mit Werken in Rheine, Flaesheim und Emsdetten sind die Nachkommen Heinrich Schürholz noch namhaft beteiligt.

Vorsitzender der 300 Mann starken Bürgerwehr in Hervest

Heinrich Schürholz gestaltete das politische Leben in seiner Gemeinde Hervest mit. Von 1898 bis 1928 war er Mitglied der Gemeindevertretung, seit 1919 des Kreistages und zehn Jahre lang des Kreisausschusses des Landkreises Recklinghausen. Als 1918/19 der Arbeiter- und Soldatenrat sowie die Spartakisten in Dorsten und Hervest die Macht an sich rissen, gründete Heinrich Schürholz in Hervest einen Bürgerrat und protestierte als deren Vorsitzender mit einer 300 Mann starken bewaffneten Bürgerwehr im Januar 1919 gegen die ständig radikaler werdenden Aktivitäten des Arbeiter- und Soldatenrates in den beiden Gemeinden Hervest und Holsterhausen. Offen und öffentlich prangerte er die Überfälle und das ungesetzliche Verhalten des radikalen Soldatenrates an. Die Spartakisten setzten sich vorübergehend durch, nahmen Schürholz’ Sohn als Geisel und entwaffneten sowohl die Polizisten im Kommissariat Holsterhausen als auch die von Schürholz angeführte Bürgerwehr.

Sitz der Hervest-Dorstener Familie Schürholz

Heinrich Schürholz engagierte sich auch im Kirchenvorstand von St. Paulus in Hervest, dann auch in dem von St. Marien und führte den Vorsitz des gemeinnützigen Kirchenbauvereins. Verheiratet war er mit Maria Henze (1861 bis 1951); das Ehepaar hatte einen Sohn namens Ludwig (1890). Heinrich Schürholz starb 1928. – Nach der Zeche „Fürst Leopold“ und der Eisengießerei waren die Hervest-Dorstener „Schürholzer“ der drittgrößte Arbeitgeber. 120 Jahre lang gehörte es zur Tradition, dass sich die Schürholz-Chefs für ihre Arbeiter und die Probleme andere einsetzten.

 NACHKRIEGSZEIT

Hans-Jürgen Schürholz – Über 30 Jahre die Geschicke der DeKoWe geleitet

Hans-Jürgen Schürholz machte 1950 Abitur am Gymnasium Petrinum und trat 1957 als geschäftsführender Gesellschafter in den Dorstener Familienbetrieb DeKoWe ein. In über drei Jahrzehnten verantwortlicher Tätigkeit konnte er neue Produkte erfolgreich auf den Markt bringen, den Kundenstamm vergrößern und den guten Ruf von DeKoWe international ausweiten.

1964 war Hans-Jürgen Schürholz Mitbegründer des FDP-Stadtverbandes, dessen Vorsitz er zehn Jahre lang innehatte, zudem war er fünf Jahre lang Fraktionsvorsitzender der Freien Demokraten im Kreistag Recklinghausen. Er war stets im Vorstand der Liberalen tätig und mehrmals Delegierter auf Bundes- und Landesparteitagen der FDP. Sein großes Hobby war das Fanfarenkorps Hervest-Dorsten, das er 1957 gründete und viele Jahre als Vorsitzender leitete. Bis zuletzt war er Ehrenvorsitzender. Schürholz gelang es 1967, mit dem Fanfarenkorps an der großen Steuben-Parade in den USA teilzunehmen. Bei dieser Reise, die vielen damals noch Jüngeren in guter Erinnerung ist, gab das Fanfarenkorps bei der Weltausstellung in Montreal ein Konzert, das vom Mittagsmagazin des WDR II zusammen mit einem Interview mit Schürholz übertragen wurde. – Nach seinem Ausscheiden aus dem Familienbetrieb im Jahre 1990 half Hans-Jürgen Schürholz, verheiratet mit Bärbel, geborene Walter, tatkräftig beim Aufbau Ost. Mit Rat und Tat stand er der Halbmond-Teppichfabrik in Oelsnitz/Vogtland zur Seite und war Beiratsmitglied in der Thüringer Teppichfabrik in Münchenbernsdorf. – Hans-Jürgen Schürholz starb mit 66 Jahren nach schwerer Krankheit. Hans-Jürgen hatte keine Kinder. Ludwig und Heinrich (genannt Henner) haben 1988 die Anteile von Hans-Jürgen übernommen. Fortan haben zuerst beide, dann Henner alleine, die Firmenleitung der Dekowe weitergeführt.

Luwig Scvhürholz, Dekowe

Ludwig Schürholz prägte DekoWe in Zeiten der Bundesrepublik

Wie sein Cousin Hans-Jürgen Schürholz ist auch sein Name untrennbar mit der Firmengeschichte des Familienunternehmens Dekowe verbunden. 1933 als Sohn des Firmenchefs Ludwig Schürholz geboren geboren, trat er nach dem Krieg als Praktikant in die ursprünglich auf Naturfaserbeläge spezialisierte Dekowe Schürholz Teppichfabrik ein, lernte alle Produktionsabläufe kennen, volontierte in Hamburg und kehrte danach nach Dorsten zurück, um dort die Webereileitung und die Betreuung von Großkunden zu übernehmen. Nach dem Tod seines Vaters 1955 wurde er geschäftsführender Gesellschafter und startete schließlich in den 60er- und 70er-Jahren gemeinsam mit seinem Cousin eine Produkt- und Marktoffensive mit Schmutzfang-Produkten, Teppich-Stufenmatten und Naturfaserbelägen. Mitarbeiter, Kunden und Kollegen beschreiben Ludwig Schürholz als wirtschaftlich „mutigen Denker und Lenker“ mit großem Einsatz und sozialem Verantwortungsbewusstsein. Nachdem er die Verantwortung für Dekowe in die Hände seines Sohns Henner gelegt hatte, konnte er sich häufiger seiner zweiten Leidenschaft neben der Firma widmen: der Jagd.  Ludwig war verheiratet mit der Holländerin Else Poelmann. Die fünf Kinder sind Heinrich (Henner), geb. 1952; Angelika, geb. 1953; Beatrix, geb. 1955; Marion, geb. 1957 und Ellen, geb. 1962. – Ludwig Schürholz starb im November 2003.

Paul Schürholz

Paul Schürholz – Bürgermeister machte sich um den Wiederaufbau verdient

Sein Name ist eng verknüpft mit dem Wiederaufbau der Stadt Dorsten nach der Zerstörung vom 22. März 1945. Sechzehn Jahre lang leitete der Kaufmann Paul Schürholz (Textilhaus Schürholz am Markt seit 1868) von 1948 bis 1964 als Bürgermeister (CDU) die Geschicke der Stadt. Neben dem „kleinen Walter“ hängt der „dicke Paul“, die größte Glocke im Turm von St. Agatha. Wenn sie über der Altstadtstadt von Dorsten ertönt, erinnern ihre tiefen Schläge an Paul Schürholz, der die Glocke zu seinem 70. Geburtstag stiftete. Bei seiner Beerdigung stimmte der „dicke Paul“ ein zwanzigminütiges Trauergeläut an.

Als Nachkriegsbürgermeister erwarb sich Schürholz Achtung und Ansehen. Er war der Manager des Wiederaufbaus. Daher war die Wieder-Entstehung Dorstens aus dem Trümmermeer der Zerstörung des letzten Krieges vorherrschendes Thema seiner Ansprachen, wobei er stets das Bild des „Phönix aus der Asche“ verwendete. Von Beruf war er Kaufmann und Inhaber des Textilkaufhauses am Markt. Das im Krieg zerstörte Schürholz’sche „Dreifachhaus“ am Markt in Trümmer wurde wieder aufgebaut. 1958 beschäftigte das Textilhaus 125 Mitarbeiter. Da hatte er stets ein wachsames Auge darauf, dass die Geschäfte des Hauses, das er 1925 zusammen mit seinem Bruder Josef übernommen hatte, gut liefen.

Bürgermeister Paul Schürholz (MItte) bei den Holsterhausener Schützen ’53

Er pflegte das Schützenfestgesellige und prägte das Kommunalpolitische

Paul Schürholz pflegte auch das Gesellige, verbunden mit des traditionellen Werten der Väter. Er war Mitglied in unzähligen Vereinen, im Kirchenvorstand ebenso wie Oberst und auch mal König im Schützenverein. Seine „Vereinsmeierei“ brachte ihm bei der Entnazifizierung nach dem Dritten Reich Probleme. Denn er war nicht nur Magistrat der NSDAP im Rat, sondern auch neun anderen NS-Vereinen angehörig. An seinem 70. Geburtstag  beschrieb der damalige Schützenkönig Pasterkamp 1963 die Bedeutung von Paul Schürholz: „Die Gnade des Himmels war es, die Ihre Talente wirksam machte für die große Gemeinschaft.“ Dieser Gemeinschaft galt stets das Streben des Kommunalpolitikers, zuerst im Zentrum, dann in der NSDAP, danach in der CDU. Als er 1963 das Große Bundesverdienstkreuz verliehen bekam, teilte er, den die Stadt zum Ehrenbürger machte, seine Devise mit:

„Überall, wo Menschen in Not sind, haben wir uns einzusetzen im Sinne des Wortes: Wer nichts für andere tut, tut nichts für sich!“

Wilhelm Schürholz

Die heutigen Schürholz-Generationen 

Altstadt: Die Erste Ehe Paul Schürholz’ mit Edith Bischof (gest. 1957) blieb kinderlos. In zweiter Ehe war er verheiratet mit Rose Krykwa, geboren 1928. Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder hervor: Rosemarie, 1959 bis 2014, und Wilhelm, geboren 1960. Die Firma Joh. Hch. Schürholz wurde bereits 1806 gegründet und hat Ihren Sitz seit 1816 am traditionsreichen Dorstener Marktplatz (Markt 4). Geschäftsführer der Immobilien-Verwaltungsgesellschft für die Häuser 4, 5 und 6 ist Dipl.-Kaufmann Wilhelm Schürholz. Die Gesellschaft dürfte somit das einzige noch in der Gründerfamilie verbliebene Unternehmen in Dorsten sein.

Henner Schürholz

Hervest-Dorsten: Heinrich (Henner) aus dem Hervest-Dorstener Familien-Ast ist Bankkaufmann und Textilingenieur. Er trat 1982 in die Firma ein. Verheiratet ist er mit Angelika Pritsch. Textildesignerin. Das Ehepaar hat vier Kinder, die nunmehr die 5. Generation darstellen:  Benedikt (geb. 1980), Hans-Philipp (geb. 1981), Leonie (geb. 1984) und Justus (geb. 1990).

2007 musste die DeKoWe als Produktionsfirma hier am Ort die Tore schließen. Das Unternehmen ging als „Tochterfirma zur größten deutschen Großhandelsorganisation, einem Familienunternehmen. Henner Schürholz war bis Ende 2012 auch dort Geschäftsführer. Seit Anfang 2013 kümmert sich Henner Schürholz als Alleineigentümer um die im Jahre 2000 in Rupea / Rumänien gegründete Teppichproduktion. Dort sind wieder ca. 60  Personen beschäftigt. Hier werden im Lohn nicht nur Teppiche mit Bordüren versehen, sondern auch Krankenhaus-Bettwäsche und viele andere technisch anspruchsvolle Textilien verarbeitet. Seine Frau Angelika hat ebenfalls die Teppich-Gene verinnerlicht. Sie betreibt einen Teppichhandel mit angeschlossener Manufaktur, in dem auch der 2. Sohn Hans-Philipp arbeitet.

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Ein Kommentar zu Dorstener Familien bestimmten die Geschicke der Stadt (III): Die „Schürhölzer“ – Blaufärber, Kaufleute, Fabrikanten, Kommunalpolitiker und Bürgermeister

  1. Hella Sinnhuber sagt:

    Danke für die ARGUS Geschichte, den verlorenen Sohn & die Schürholzgeschichte.
    As time goes by…oder eben nicht – 1803, 1820, 1990, 2015, etc.
    Es bleibt wohl in Stein gemeißelt und allzu menschlich : “Es ist dem Untertanen nicht gestattet den Maßstab seiner begrenzten Einsicht an die Handlungsweisen der Obrigkeit anzulegen.” Für die Ehtik & Moral der schreibenden Zunft bleibt es ein ewiger Treiber.

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